Frauen müssen in Notfall länger wartenMänner erhalten häufiger Schmerzmittel als Frauen
SDA
6.8.2024 - 05:58
Wer starke Schmerzen hat, bekommt in der Notaufnahme etwas dagegen? Das stimmt nicht immer. Bei Frauen denken Ärzteschaft und Pflegepersonal möglicherweise häufiger: Die übertreiben ohnehin.
06.08.2024, 05:58
06.08.2024, 09:01
SDA
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Frauen erhalten laut einer Studie aus den USA und Israel nach dem Aufsuchen der Notaufnahme seltener ein Rezept für Schmerzmittel als Männer.
Die Forschenden vermuten hinter den Ergebnissen eine geschlechtsspezifische Verzerrung: Es werde angenommen, dass Frauen ihre Schmerzen im Vergleich zu Männern übertrieben beschreiben.
Ein weiterer Grund könnte den Forschenden zufolge sein, dass Männer öfter nach Schmerzmitteln fragen als Frauen.
Auch mussten Frauen durchschnittlich 30 Minuten länger im Notfall auf eine Behandlung warten als Männer.
Frauen erhalten laut einer Studie aus den USA und Israel nach dem Aufsuchen des Notfalls seltener ein Rezept für Schmerzmittel als Männer. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Behandlung durch einen Arzt oder eine Ärztin durchgeführt wird.
«Diese Unterbehandlung der Schmerzen weiblicher Patienten könnte schwerwiegende Folgen für die Gesundheit der Frauen haben und möglicherweise zu längeren Genesungszeiten, zu Komplikationen oder chronischen Schmerzzuständen führen», erklärt Shoham Choshen-Hillel. Die Professorin der Hebrew University of Jerusalem (Israel) leitete die Studie, für die mehr als 20'000 elektronische Patientenakten aus Israel und den USA ausgewertet wurden. Die Ergebnisse wurden im Fachmagazin «PNAS» veröffentlicht.
Choshen-Hillel und Kollegen vermuten hinter den Ergebnissen ihrer Studie eine geschlechtsspezifische Verzerrung: «Es wird angenommen, dass Frauen ihre Schmerzen im Vergleich zu Männern übertrieben beschreiben», führen sie aus. Dieses Vorurteil sei unter Männern wie Frauen im medizinischen Dienst weit verbreitet.
Ein weiterer Grund könnte den Forschenden zufolge sein, dass Männer öfter nach Schmerzmitteln fragen als Frauen. Das Forschungsteam fordert Schulungen für Klinikpersonal, um einer Unterversorgung von Frauen mit Schmerzmitteln entgegenzuwirken.
Unterschiede – egal, wie stark die Schmerzen waren
Aus den israelischen Daten ergab sich, dass 38 Prozent der Frauen, die mit Schmerzen in den Notfall kamen, eine Verschreibung für ein schmerzstillendes Medikament erhielten. Bei Männern waren es bedeutend mehr, nämlich 47 Prozent. Die geschlechtsspezifischen Unterschiede zeigten sich mit leichten Variationen bei leichten, mittelstarken und starken Schmerzen, die von den Patientinnen und Patienten angegeben wurden. Alle Altersklassen waren in ähnlicher Weise von diesem Unterschied betroffen.
Auch mussten Frauen durchschnittlich 30 Minuten länger im Notfall auf eine Behandlung warten als Männer. Hinzu kommt: «Wir haben festgestellt, dass Krankenschwestern Schmerzwerte für Frauen seltener erfassen als für Männer», schreiben die Studienautor*innen. Die Stärke von Schmerzen wird zum Beispiel auf einer Skala von 1 bis 10 angegeben.
Obwohl medizinische Richtlinien vorsehen, dass alle Patient*innen mit starken Schmerzen ein Schmerzmittel erhalten sollen, war dies laut den Akten aus Israel nur bei 50 Prozent der Patientinnen und 59 Prozent der Patienten der Fall. Die Analyse der amerikanischen Daten bestätigte alle diese Trends, wenn auch mit leicht unterschiedlichen Prozentwerten.
Experiment bestätigt Spital-Daten
Die Forschenden luden Ärzteschaft und Pflegepersonal des University of Missouri Health Care Hospitals zu einem Experiment ein. Es beteiligten sich 109 Personen, davon 96 Prozent Pflegepersonal und 85 Prozent Frauen. Sie erhielten entweder die Beschreibung eines Patienten mit starken Rückenschmerzen oder die einer Patientin mit starken Rückenschmerzen – die sich bis auf das Geschlecht nicht unterschied.
Von dem teilnehmenden Gesundheitspersonal wurde die Schmerzintensität von Patientinnen niedriger eingestuft als die von Patienten. «Die Ergebnisse der klinischen Szenariostudie legen nahe, dass Gesundheitsdienstleister die Schmerzberichte von Frauen im Vergleich zu denen von Männern unterschätzen», heisst es im Fachartikel.