StudieTätowierfarben: Gesundheitsrisiken werden verkannt
dpa
22.11.2018
Tätowierpigmente unterliegen kaum Vorgaben und können gefährliche Substanzen enthalten. Bewusst ist das offenbar wenigen Menschen, wie eine Umfrage zeigt. Vor allem Tätowierte selbst geben sich sorglos.
Tätowierungen liegen seit Jahrzehnten im Trend. Aber sind sie auch ungefährlich? In Deutschland hält knapp die Hälfte der Bevölkerung hält sie für gesundheitlich wenig riskant, ergab eine Umfrage des Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Von den bereits tätowierten Menschen denken das demnach sogar fast 90 Prozent. Sehr hohe Risiken sehen nur 14 Prozent aller Befragten – bei den Menschen mit Tattoo sogar nur zwei Prozent.
«Es gibt jedoch wissenschaftliche Belege dafür, dass Farbpigmente aus den Tattoos in das Lymphsystem wandern können», erklärte BfR-Präsident Andreas Hensel. Sie könnten sich dort als Nanopartikel dauerhaft ablagern und je nach Struktur und Verunreinigungen toxisch sein. Zudem könnten Stoffwechselprodukte mit wiederum eigenen gesundheitsgefährdenden Eigenschaften entstehen, wenn die Pigmente zu anderen Organen transportiert werden. Für viele in Tätowiermitteln verwendete Stoffe sei noch gar nicht bekannt, wie sie im Körper wirken.
Risiken werden falsch eingeschätzt
Von den rund 1'000 Befragten hätten zwölf Prozent – also etwa jeder Achte – angegeben, selbst mindestens ein Tattoo zu haben oder gehabt zu haben, heisst es im «BfR-Verbrauchermonitor 2018» weiter. Als mögliche Risiken seien vor allem Entzündungen, Schädigungen der Haut und Infektionen genannt worden. Mögliche Probleme durch die verwendeten Farben sahen nur zwölf Prozent derjenigen, die das gesundheitliche Risiko als sehr hoch, eher hoch oder eher niedrig eingeschätzt hatten.
Auch die Entfernung von Tattoos mit Lasern wird von einem Drittel der Bevölkerung und knapp der Hälfte der Tätowierten für eher oder gänzlich unbedenklich gehalten, wie das BfR mitteilte. Fast ein Drittel glaubt demnach auch, dass Tätowierfarben vollständig an der tätowierten Stelle verbleiben und immerhin noch 17 Prozent nehmen an, dass es unbedenklich ist, sich während einer Schwangerschaft tätowieren zu lassen.
«Keine Farbe kann als sicher bezeichnet werden»
Tätowiermittel bestehen aus Farbpigmenten und einer Trägerflüssigkeit, die Verdicker, Konservierungsstoffe und andere Stoffe enthalten kann. Es wird eine Vielzahl an Einzelsubstanzen benutzt – eine Liste der aktuell verwendeten Stoffe gibt es nach BfR-Angaben nicht. «Über die Wirkungen von Farbpigmenten im Körper ist derzeit wenig bekannt», erklärt das Institut. «Somit kann keine Farbe als sicher bezeichnet werden.»
Nach derzeitiger Rechtslage seien die Hersteller für die Sicherheit der Mittel verantwortlich, heisst es beim BfR, eine Zulassung erfolge nicht. Kosmetika zum Beispiel sind viel strenger reglementiert – obwohl sie nur auf die Haut aufgetragen und nicht direkt in den Körper eingebracht werden.
Riskant ist nach Einschätzung von Experten auch das Entfernen von Tätowierungen per Laser. «Die Pigmentartikel in der Haut zerplatzen durch Einwirken hoher Temperaturen in kleinste Einzelteile und werden anschliessend über das Lymphsystem abtransportiert», erklärte die Deutsche Gesellschaft für Dermatochirurgie im Sommer bei einer Tagung in Dresden. Welches Risiko von der Fragmentierung in toxische oder krebserregende Bestandteile ausgehe, werde derzeit erforscht.
Der erste Tattoo-Artist Englands und eines seiner Werke um 1903: Tom Riley führte einen der ersten Tattoo-Shops in London und tätowierte angeblich sogar König Edward VII. 1771 brachte Captain James Cook das Phänomen «tatau» von seiner Reise aus Polynesien in unsere Breitengrade, seither hat sich die Kunst des Tätowierens weiter entwickelt.
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Sie liess sich in den 1940er Jahren ihr erstes Kunstwerk stechen. Über 200 Tattoos zierten den Körper der 78-jährigen Isobel Varley bei ihrem Tod im Jahre 2015.
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Mehr als 75 Prozent ihres Körpers waren tätowiert, auch den Intimbereich zierten 16 Tattoos und allein in ihren Ohrläppchen trug Varley 29 Piercings. Für die Engländerin war es eine Leidenschaft, die ihr den Titel «Seniorin mit den weltweit meisten Tattoos» im «Guinness Buch der Rekorde» einbrachte.
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Auch Julia Gnuse schaffte es ins beliebte Rekorde-Buch: «Meisttätowierte Frau der Welt» lautet ihr Titel. Tatsächlich sollen 95 Prozent ihrer Haut mit Tinte verschönert worden sein.
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Doch für Gnuse, auch bekannt als «Illustrated Lady» waren die Tattoos eher Mittel zum Zweck. Sie leidet an einer schmerzhaften Lichtempfindlichkeit, die Narben und Blasen auf dem Körper hinterlässt, und diese begann sie zu übermalen.
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John Kenneys Tätowierungen sind Ausdruck seines turbulenten Lebens. Im Alter von sieben Jahren floh er von Zuhause, Obdachlosigkeit, Drogen, Kriminalität und Gewalt dominierten seinen Alltag. Für 12'000 Dollar, um Speed und LSD zu kaufen, hackte er sich in den 1970ern den Finger ab.
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Selbst Kenneys Augäpfel sind tätowiert: Augen auf...
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... Augen zu. Heute tingelt der über 60jährige Australier durch die Schulen, warnt Jugendliche vor den Gefahren von Drogen und Alkohol und kümmert sich um die Obdachlosen in seiner Heimat.
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Oft scheint ein schweres Schicksal den Anstoss für die extreme körperliche Veränderung zu geben. So auch bei der Transfrau Eva Tiamat Medusa aka «Dragon Lady». Mit fünf sollen ihre Eltern sie und ihre Geschwister in der Wildnis ausgesetzt haben. Nach der Diagnose HIV im Erwachsenenalter begann die Transformation.
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Auch die Verwandlung von «Zombie Boy», mit bürgerlichem Namen Rick Genest, geschah aufgrund eines Schicksalsschlages. Er war bis zu seinem Tod 2018 als erfolgreiches Model und als Performancekünstler unterwegs.
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«Body Modification» ist für dieses Paar ein Lebensstil. Über 50 Piercings, mehrere Implantate, gespaltene Zungen, unzählige Tattoos: Gabriela und Victor Perralta führen ein Tattoo-Studio in Buenos Aires und zelebrieren auch privat die Kunst am Körper.
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Wolfgang Kirsch, aka Magneto, ist nicht nur am ganzen Körper tätowiert, seinen Spitznamen verdankt er mehreren Magneten unter der Haut. Erst mit 45 Jahren machte er seinem Spiesserleben ein Ende und begann mit den ersten Tattoos. Der heute 68-Jährige wollte einfach Anders sein, die Kunst am Körper zur Schau stellen.
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Auch die Schweiz hat einen Anhänger der extremen Körperverschönerung: Der Genfer Etienne Dumont gehört seit 40 Jahren zu den gefeiertsten Kunstkritikern der Schweiz.
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Seine Transformation begann mit dem ersten Tattoo im Jahre 1974. Neben unzähligen Kunstwerken auf der Haut, schmückt er seinen Körper mit Implantaten oder Ohrtunneln von 70 Millimetern Durchmesser.
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Dieser Mann hält den absoluten Rekord: «Lucky Diamond Rich» soll zu 99.99 Prozent tätowiert sein. Gregory Paul McLaren aus Neuseeland begann aus Neugier mit den Tätowierungen. Hunderte von Tattoo-Künstlern haben sich auf seiner Haut verewigt. Er tourt als Performance- und Strassenkünstler durch die Welt.
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