Bilanz Bundesanwalt zieht Bilanz

SDA

20.4.2018 - 12:17

Im Zusammenhang mit dem Korruptionsskandal um das brasilianische Ölunternehmen Petrobras hat die Bundesanwaltschaft (BA) bisher gegen eine Schweizer Bank ein Strafverfahren eröffnet. Das sagte Bundesanwalt Michael Lauber am Freitag vor den Medien.

Dass Strafverfahren gegen weitere Schweizer Banken folgen könnten, schloss der Bundesanwalt nicht aus. Er plädierte für ein sorgfältiges Vorgehen. Die Banken hätten gute Anwälte, er wolle nicht an formellen Dingen scheitern, sagte Lauber.

Der Bundesanwalt äusserte sich anlässlich der Präsentation des Jahresberichtes zum Stand der Dinge in den Petrobras-Verfahren. Die Bundesanwaltschaft hat laut Lauber über 100 Strafverfahren eröffnet. Zudem blockierte sie über eine Milliarde Franken. 200 Millionen Franken wurden an Brasilien zurückerstattet.

In den Korruptionsskandal um das halbstaatliche Unternehmen Petrobras sind zahlreiche Geschäftsleute und Politiker verwickelt. Von 2004 bis 2014 sollen mehr als zwei dutzend Firmen - zumeist grosse Baukonzerne - Schmiergelder an Petrobras gezahlt haben. Petrobras wiederum zahlte Bestechungsgeld an Politiker.

Mögliche Anklage gegen Sonko

Neuigkeiten gab es auch zum Fall des früheren gambischen Innenministers Ousman Sonko, der letztes Jahr in der Schweiz festgenommen worden war. Er gehe davon aus, dass in zwei völkerstrafrechtlichen Fällen Anklage erhoben werde, sagte der stellvertretende Bundesanwalt Ruedi Motanari. Diese beträfen Liberia und Gambia.

Sonko hatte als Asylsuchender im Durchgangszentrum Kappelen/Lyss BE gelebt. Er wird beschuldigt, in Gambia Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen zu haben. Die Bundesanwaltschaft beschäftigt sich mit Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, wenn Beschuldigte sich in der Schweiz aufhalten. Eine Durchreise genügt. Derzeit seien 17 Fälle in Bearbeitung, sagte Montanari.

Terrorismus und Terror-Propaganda

In der Terrorismusbekämpfung eröffnete die Bundesanwaltschaft im vergangenen Jahr 17 Verfahren. Dies zeige, das das Phänomen trotz militärischer Niederlage des "Islamischen Staats" nicht an Bedeutung verliere, heisst es im Jahresbericht.

Gegen drei Vorstandsmitglieder des Vereins "Islamischer Zentralrat Schweiz" erhob die BA Anklage beim Bundesstrafgericht. Dabei geht es um Filmaufnahmen mit einem führenden Vertreter der verbotenen terroristischen Organisation Al-Qaida.

Die BA wirft den Beschuldigten vor, dem Al-Qaida-Vertreter mit den Videos eine prominente Plattform geboten zu haben, um die Ideologie der terroristischen Organisation vorteilhaft darzustellen und zu propagieren. Das Gerichtsurteil soll Klarheit bringen, wo in Sachen Propaganda die Grenzen liegen, wie Lauber sagte.

Beweissuche in Fussball-Verfahren

Auf grosses öffentliches Interesse stossen auch die Strafuntersuchungen im Zusammenhang mit dem Fussball. Die BA führt dazu rund 25 Strafverfahren, unter anderem gegen Ex-FIFA-Präsident Sepp Blatter.

Im vergangenen Jahr führte sie Zwangsmassnahmen zur Sicherung und Erhebung von Beweisen durch. Zudem habe sich die BA eingehend mit der Analyse der rund 19 Terabyte an sichergestellten Unterlagen befasst, heisst es im Jahresbericht. Ob mit Ergebnissen noch vor der Fussballweltmeisterschaft in Moskau zu rechnen ist, konnte Lauber nicht sagen.

Mehr hängige Verfahren

Der Bundesanwalt sprach von einem anspruchsvollen Jahr. Die BA müsse immer stärker priorisieren, sagte er. Die Zahl der hängigen Strafuntersuchungen hat zugenommen. Per Ende 2017 waren 478 Untersuchungen hängig, acht Prozent mehr als im Vorjahr.

Die BA eröffnete im vergangenen Jahr 237 neue Strafuntersuchungen, gegenüber 190 im Vorjahr. Sie überwies dem Bundesstrafgericht 21 Anklagen (Vorjahr 14). Ferner stellte sie 788 Strafbefehle aus (Vorjahr 1094).

Immer komplexere Verfahren mit internationalen Bezügen stellten eine grosse Herausforderung dar, heisst es im Jahresbericht. Zur Bekämpfung der Cyberkriminialität hat die BA im vergangenen Jahr das Team der Cyber-Staatsanwälte aufstocken können. Mittelfristig werde es in diesem Bereich neue Strukturen in der Strafverfolgung brauchen, sagte Lauber.

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