ProzessTierschutzfall: Gericht urteilt zwischen Gefängnis oder Geldstrafe
ga, sda
11.5.2021 - 20:19
Das Bezirksgericht Zofingen AG hat am Dienstag einen Tierschutzfall verhandelt, der 2020 Schlagzeilen geliefert hatte. Die Anklage forderte für den 59-jährigen Mann eine unbedingte Freiheitsstrafe von zehn Monaten, der Verteidiger will eine bedingte Geldstrafe.
ga, sda
11.05.2021, 20:19
SDA
Das Bezirksgericht wird das Urteil nächste Woche eröffnen. Vor Gericht verantworten musste sich ein Schweizer, der in Oftringen AG Schafe, Ziegen und Hühner sowie zwei Hunde und drei Katzen hielt. Der einschlägig Vorbestrafte ist unter anderem wegen mehrfacher vorsätzlicher und fahrlässigen Tierquälerei angeklagt.
Anfang Februar 2020 waren bei einer Polizeikontrolle auf dem Grundstück des Mannes etliche tote Tiere sowie Tiere, die sich in sehr schlechtem Zustand befanden, aufgefunden worden.
Die Schafe und Ziegen wurden in einem Gehege gehalten, in dem geeignete Fütterungseinrichtungen fehlten. Die vorhandenen Futterkrippen waren gemäss Anklageschrift zum Teil mit Mist gefüllt.
Tierhalter: «Es gab sicher Mängel»
Der Tierhalter, ein grosser Mann mit ruhiger Stimme, räumte bei der Befragung vor Gericht ein, dass es «sicher Fehler und Mängel» gegeben habe. So sei der Stall neben seinem Wohnhaus etwa ein Jahr lang nicht mehr ausgemistet worden. Für viele Missstände hatte er eine Erklärung parat.
Der Mann hielt nach eigenen Angaben die Tiere als Hobby. Viele Schafe trugen keine Ohrmarken. Die Nachbarn beschwerten sich regelmässig bei der Polizei.
Er habe zu dieser Zeit auch noch seine betagte Mutter gepflegt und bekocht, erzählte er. Er sei oft überfordert gewesen. «Ich musste am Schluss 24 Stunden am Tag schauen», erzählte er.
«Ich war wie in einem Rad, das sich ewig dreht.» Es sei ihm nicht einmal in den Sinn gekommen, Hilfe für die Betreuung der Tiere zu holen. «Heute würde ich das in der gleichen Situation anders machen.» Er hat das Haus in der Landwirtschaftszone in Oftringen mittlerweile verkauft.
Der Staatsanwaltschaft, die am Prozess nicht teilnahm, forderte eine unbedingte Freiheitsstrafe von zehn Monaten sowie eine Busse von 3000 Franken. Diese Strafe sei in Anbetracht der Vorstrafen und dem Verschulden des Mannes «gerade noch angemessen», hiess es.
Verteidigung: «Kein Monster»
Der Verteidiger zerpflückte die Anklageschrift. Er forderte für seinen Mandanten in den wesentlichen Punkten einen Freispruch. Die Beweise seien nicht klar erstellt. Der Mann habe tatsächlich gegen das Tierseuchengesetz verstossen sowie Vorschriften der Tierhaltung missachtet.
Schuldig zu sprechen sei er auch wegen der fahrlässigen Tötung eines Tieres. Der Mann sei jedoch keineswegs – wie von den Medien gezeichnet – ein «Monster». Der Verteidiger forderte eine bedingte Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu 30 Franken sowie eine Busse von 2000 Franken.
Kanton kontrolliert mehr
Als Konsequenz des Falles verstärkten die kantonalen Behörden die Kontrollen und bauten ein internes Monitoring der auffälligen Tierhaltenden auf. Der Veterinärdienst nimmt nach eigenen Angaben nun bei Betrieben «konsequent unangemeldete und risikobasierte Kontrollen» vor.
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