Bern
Eine wissenschaftliche Untersuchung im Kanton Bern soll die Dunkelziffer bei nicht natürlichen Todesfällen erhellen. In Deutschland, wo das Phänomen intensiv erforscht wurde, spricht die Fachliteratur davon, dass nur jedes zweite Tötungsdelikt als solches erkannt und untersucht wird.
Für die Schweiz vermuten Fachleute gar eine noch höhere Dunkelziffer, wie Roland Hausmann, Chefarzt des Instituts für Rechtsmedizin am Kantonsspital St. Gallen, Christian Jackowski, Direktor des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Bern und der Zürcher Strafrechtsprofessor Daniel Jositsch bereits 2015 in der Fachzeitschrift "Kriminalistik" schrieben.
Es wäre "naiv zu glauben", dass in unserem System nicht natürliche Todesfälle und insbesondere Tötungsdelikte "sicher erkannt und als solche verfolgt würden", kamen die Autoren zum Schluss. Sie empfahlen unter anderem, Ärzte entsprechend zu sensibilisieren. Diese stellen jeweils die Todesbescheinigungen aus.
Studie lanciert
Verlässliche Zahlen zur Dunkelziffer bei nicht natürlichen Todesfällen in der Schweiz gibt es bisher nicht. Dies soll sich nun ändern.
Auf Wunsch der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren lanciert die Universität Bern eine Studie, um die nötigen Daten zu erheben. Die Untersuchungen sollen 2018 in Angriff genommen werden. Eine positive Stellungnahme der Kantonalen Ethikkommission liegt vor.
Das Projekt sieht vor, dass im Kanton Bern vor der Einäscherung von Leichnamen Rechtsmediziner stichprobenartig eine zweite Leichenschau vornehmen, eine sogenannte Krematoriumsleichenschau.
Die rechtsmedizinische Fachperson beurteilt dabei, ob am Leichnam Hinweise auf eine nicht natürliche Todesursache hindeuten und vergleicht die Erkenntnisse mit der durch den Arzt ausgestellten Todesbescheinigung. Die Datenerhebung erfolgt anonym und dauert nur einige Minuten. Der Einäscherungsprozess wird dadurch nicht verzögert.
Die Krematoriumsleichenschau ist unter anderem in Deutschland gesetzlich vorgeschrieben. Die Ergebnisse der Berner Studie werden nach Abschluss der Untersuchung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
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