Post Verträgerinnen protestieren gegen Tiefstlöhne vor Post-Zentrale

lt, sda

2.6.2021 - 15:46

Pierre Yves Maillard, der Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (rechts), protestiert vor dem Hauptsitz der Post zusammen mit Epsilon-Angestellten gegen einen künftigen Stundenlohn von 17,44 Franken.
Pierre Yves Maillard, der Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (rechts), protestiert vor dem Hauptsitz der Post zusammen mit Epsilon-Angestellten gegen einen künftigen Stundenlohn von 17,44 Franken.
Keystone

Rund 20 Verträgerinnen und -verträger der Westschweizer Post-Tochter Epsilon haben am Mittwoch zusammen mit den Gewerkschaften vor dem Post-Hauptsitz in Bern gegen ein neues Lohnsystem protestiert. Damit drohe ihnen ein Stundenlohn von 17,44 Franken.

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Das neue System, das ab August gelten soll, führe bei vielen Epsilon-Angestellten zu Lohneinbussen von bis zu 600 Franken pro Monat, teilte die Gewerkschaft Syndicom mit. Die genauen Angaben über die zukünftigen Löhne würden ihnen vom Unternehmen jedoch nicht bekannt gegeben.

Mit einem Stundenlohn von 17,44 Franken unterböten die Post und Epsilon sogar den von der eidgenössischen Postkommission Postcom festgelegten Mindestansatz für Zeitungsverträgerinnen und -verträger. «Diese Situation ist eine Schande», sagte der Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB), Pierre-Yves Maillard, gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

Damit werde die Situation einer heute schon benachteiligten Berufsgruppe noch weiter verschlechtert, deren Wichtigkeit während der Corona-Pandemie so deutlich geworden sei. Der Bund subventioniere die Verteilung der Zeitungen und er subventioniere die Post. Und diese bezahle den Angestellten dann so wenig, dass sie auf Sozialhilfe angewiesen seien. «Das ist eine Absurdität», sagte Maillard.

«Keine Hungerlöhne im Konzern»

Schon Ende Juni vergangenen Jahres hatten die Epsilon-Angestellten gegen die Kürzungen protestiert. Die Postspitze habe ihnen damals aber zu verstehen gegeben, dass keine höheren Löhne möglich seien, hiess es in der Mitteilung weiter.

Dies sei ein Argument, das jedoch durch den seit 2020 geltenden Mindestlohn von 23 Franken in Genf widerlegt worden sei. Denn dort seien bisher keine negativen Auswirkungen auf die Aufträge festgestellt worden. «Wir erwarten, dass die Post gegen die Hungerlöhne im Konzern vorgeht», wird Syndicom-Präsident Daniel Münger im Communiqué zitiert.

Post verteidigt Lohnsystem

Die Post betonte, dass es sich für die meisten Angestellten um einen Nebenerwerb handle. Inklusive Deutschschweiz werde diese Arbeit von rund 1000 Personen während weniger Stunden pro Tag ausgeführt, sagte Léa Wertheimer im Gespräch mit Keystone-SDA.

Gemäss dem neuen Lohnmodell würden diese Angestellten neu nach ihrem Aufwand, also der effektiven Arbeitszeit entlöhnt. Zusammen mit den Spesen erhalte die Mehrheit damit einen höheren Lohn.

Die Post würde mit Syndicom gerne über einen Gesamtarbeitsvertrag verhandeln, sagte Wertheimer weiter. Doch das sei von der Gewerkschaft abgelehnt worden. Forderungen für Lohnerhöhungen bei einer einzelnen Firma seien fehl am Platz. Aber «wir wären sehr bereit, über einen Branchenmindestlohn zu verhandeln», sagte Wertheimer.

180'000 Franken Busse

Bereits in den Jahren 2018 und 2019 mussten sich die Epsilon-Angestellten gegen Tiefstlöhne wehren. Im Februar 2020 wurde die Post-Tochter deswegen von der Postcom zu einer Busse von 180'000 Franken verurteilt. Das Unternehmen musste zudem rückwirkend für das Jahr 2019 Lohnnachzahlungen in der Höhe von 600'000 Franken leisten.

Das Westschweizer Frühzustellungs- und Werbevertriebsunternehmen Epsilon SA ist seit 2011 eine hundertprozentige Tochter der Schweizerischen Post. Es ist vor allem in den Kantonen Genf, Waadt und Freiburg tätig.