Zensiertes ParadiesWarum Dubai zum Mekka der Influencer wird
tafu
15.2.2021
Bilder aus der Sonne auf Social Media posten und damit Geld verdienen: Internet-Stars entdecken Dubai als neuen Hotspot. Dahinter steckt eine Strategie des Emirats – und kritische Stimmen sind nicht erwünscht.
Auf Reisen sollte in Corona-Zeiten möglichst verzichtet werden. Daran hält sich die überwiegende Zahl der Menschen. Trotzdem finden sich in den sozialen Medien vermehrt Beiträge von Influencern, die sich derzeit im Ausland befinden. Insbesondere Dubai scheint hoch im Kurs zu liegen.
Doch warum zieht es gerade so viele Influencer in das sonnenverwöhnte Emirat? Das fragte sich auch Satiriker Jan Böhmermann am vergangenen Freitag in seiner Sendung «ZDF Magazin Royale» und deckte in einem Beitrag auf, warum Dubai als Influencerparadies mindestens fragwürdig ist.
Ob als Feriendestination oder neue Heimat, immer mehr Menschen zieht es nach Dubai. Liegt es wirklich nur am besseren Wetter? Glaubt man Influencer Sami Slimani, der bereits im Sommer 2019 nach Dubai auswanderte, sind einzig persönliche Gründe der Antrieb. Er wolle sich persönlich weiterentwickeln, erklärt er in einem Video, aus dem Böhmermann zitiert.
Lasst uns über Steuern sprechen
Auch seine Arabisch-Kenntnisse wollte Slimani verbessern. Doch die eigentliche Motivation ist eine ganz andere – wie er selbst bestätigt. Denn, so der 30-Jährige, als Selbstständiger wolle er sich das Leben ein bisschen vereinfachen. «Ich spreche hier jedem Selbstständigem aus dem Herzen, wenn ich über das Thema Steuern spreche», erklärt er offen.
Dubai ist ein Steuerparadies: Weder Einkommens-, noch Vermögenssteuer müssen bezahlt werden, die Mehrwertsteuer liegt bei fünf Prozent. Kein Wunder also, dass sich Influencer hier niederlassen.
Und nicht nur das: Dubai lockt auch mit allerlei Vorteilen für Menschen mit grosser sozialer Reichweite. Über Kooperationen mit Firmen gebe es kostenlose Ferien inklusive «Taschengeld» oder Restaurantbesuche, erklärt unter anderem Influencerin Yvonne Bar. «Wenn du es drauf auslegen würdest, könntest du hier echt umsonst leben.»
Dubai hat schon vor längerer Zeit das Influencer-Marketing für sich entdeckt und inszeniert sich so als die Destination für Luxusferien, berichtet die «Welt». So habe die Dubai Corporation for Tourism and Commerce das Programm «VisitDubai» ins Leben gerufen und veranstalte regelmässig Fototrips und Bloggerreisen.
Über Dubai berichten, aber bitte nur positiv
Im Gegenzug entstehen so Bilder wie aus dem Paradies, jeder Post verspricht ein rosiges Leben im Emirat. Ein kritisches Wort über Dubai wird man von den Influencern aber kaum jemals lesen. Dabei gäbe es da tatsächlich einiges zu sagen: Menschenrechtsverletzungen, Ausbeutung von Arbeitern und ein milliardenschwerer Staatschef, der seine eigenen Töchter entführen und foltern liess.
All dies wird bei den Auswanderern, die ihr Geld auf Instagram verdienen, kein Thema sein. Denn um sich in Dubai als Influencer niederlassen zu können, benötigt man eine staatliche Influencer-Lizenz vom National Media Council. «Influencer, die nach Dubai ziehen, müssen sich verpflichten, ausschliesslich positiv über Dubai zu berichten», erklärt Böhmermann.
Einfach verbreiten, was einem gerade durch den Kopf geht, liegt nicht drin. Mit der Lizenz, die jährlich umgerechnet 3900 Franken kostet, verpflichten sich die Internet-Stars den Normen des National Media Council, berichtet die «Welt».
Das bedeutet, man solle es vermeiden, «hot topics» zu behandeln, sprich: Inhalte über Politik, Religion und Staatsoberhäupter sollten nicht verbreitet werden. Ist eine Handlung unvereinbar mit «gutem Benehmen» und der «öffentlichen Moral», werde das als Vergehen geahndet.
Die Polizei liest mit
Dass das nicht nur Floskeln sind, durfte Influencerin Fiona Erdmann bereits am eigenen Leib erfahren. Seit 2018 lebt sie in Dubai und postet regelmässig aus ihrem Alltag. Für eine Werbeaktion besprühte sie einen weissen Porsche mit dem Word «Loser», das Video der Aktion ging viral. Nur kurze Zeit später bekam sie bereits eine Einladung aufs Polizeirevier, zitiert «Watson» Erdmann.
«Die haben uns klar gemacht, dass man sowas hier in Dubai nicht im Scherz machen darf.» Zwar seien die Polizisten sehr freundlich gewesen und die Situation sei schnell aufgeklärt worden. Doch die 32-jährige Deutsche gibt jedem, der sich in Dubai aufhält, eine Warnung mit auf den Weg: «Glaubt gar nicht, dass ihr hier irgendwelche Sachen machen könnt, ohne dass ihr dabei erwischt werdet.»