Im südafrikanischen Kapstadt hätte fast die «Stunde Null» geschlagen. Dann wäre nach einer dreijährigen Dürre das Wasser abgeschaltet worden. Dazu ist es nicht gekommen. Die drohende Krise hat die Stadt dazu gebracht, das Warten auf den Regen aufzugeben.
Doch die Krise ist noch nicht ganz überwunden. Derzeit sind die sechs Wasserreservoirs, die Kapstadt versorgen, mit 23 Prozent gefüllt. Sinkt der Pegel auf 13,5 Prozent, muss die Mehrheit der Einwohner an etwa 200 Ausgabestellen für 25-Liter-Rationen anstehen.
Bereits vor Wochen wurden die täglichen Rationen gekürzt. Es sind nur noch 50 statt 87 Liter pro Tag und Person erlaubt.
Dürre in Südafrika: Das Jahr 2017 gehörte zu den drei wärmsten Jahren seit Beginn der Aufzeichnungen vor fast 170 Jahren.
Dafür kann Kapstadt derzeit kein kostbares Wasser abzweigen: Das geschlossene Schwimmbad im Vorort Newslands.
Der Wasserpegel im Molteno Reservoir im Zentrum von Kapstadt ist drastisch gesunken.
Eine letzte Bestellung von Regenwassertonnen auf dem Parkplatz eines Baumarkts in Kapstadt: Die Tonnen sind wegen der Wasserkrise überall ausverkauft.
Im südafrikanischen Kapstadt hätte fast die «Stunde Null» geschlagen. Dann wäre nach einer dreijährigen Dürre das Wasser abgeschaltet worden. Dazu ist es nicht gekommen. Die drohende Krise hat die Stadt dazu gebracht, das Warten auf den Regen aufzugeben.
Doch die Krise ist noch nicht ganz überwunden. Derzeit sind die sechs Wasserreservoirs, die Kapstadt versorgen, mit 23 Prozent gefüllt. Sinkt der Pegel auf 13,5 Prozent, muss die Mehrheit der Einwohner an etwa 200 Ausgabestellen für 25-Liter-Rationen anstehen.
Bereits vor Wochen wurden die täglichen Rationen gekürzt. Es sind nur noch 50 statt 87 Liter pro Tag und Person erlaubt.
Dürre in Südafrika: Das Jahr 2017 gehörte zu den drei wärmsten Jahren seit Beginn der Aufzeichnungen vor fast 170 Jahren.
Dafür kann Kapstadt derzeit kein kostbares Wasser abzweigen: Das geschlossene Schwimmbad im Vorort Newslands.
Der Wasserpegel im Molteno Reservoir im Zentrum von Kapstadt ist drastisch gesunken.
Eine letzte Bestellung von Regenwassertonnen auf dem Parkplatz eines Baumarkts in Kapstadt: Die Tonnen sind wegen der Wasserkrise überall ausverkauft.
Kapstadt lebt in Angst vor der «Stunde Null». Dann schaltet die Stadt das Wasser ab. Doch in den Armenvierteln müssen Zehntausende ihr Wasser schon immer selbst herbeischleppen. Viele Slumbewohner müssen daher angesichts der Panik ihrer wohlhabenden Mitbürger schmunzeln.
Mit geübtem Handgriff hebt Mandla Qosholo einen 25-Liter Wassereimer auf ihren Kopf. Mühsam schleppt sie ihn den sandigen Berg zu ihrer Wellblechhütte hoch. Mit ihrem Mann wohnt Qosholo in zwei selbst zusammengehämmerten Räumen in Khayelitsha, einem der grössten Slums am Rand von Kapstadt. Ihre Hütte hat weder Küche noch Bad. Wenn sie auf die Toilette muss, geht sie auf ein öffentliches Plumpsklo. Für Wasser zum Trinken, Kochen, Putzen oder Wäschewaschen muss sie sich an einem Wasserhahn anstellen, teils mit Hunderten anderer Bewohner.
«Zu Stosszeiten, besonders morgens und abends, dauert es oft Stunden», erzählt die 25-Jährige. «Jeden Tag geht mir wertvolle Zeit verloren, die ich nutzen könnte, um Arbeit zu suchen», seufzt die arbeitslose junge Frau. Qosholos Alltag des mühsamen Wasserholens könnte bald zur Realität für alle 4,5 Millionen Einwohner der südafrikanischen Touristenmetropole Kapstadt werden.
Aufgrund einer dreijährigen Dürre sind die Trinkwasserreservoire der Region fast leer. Am 9. Juli droht die «Stunde Null»: Dann muss die Stadt die Wasserversorgung einstellen, falls es vorher nicht doch noch ausreichend regnet. Dann müssten sich Einwohner unter Aufsicht von Militär und Polizei an 200 öffentlichen Verteilzentren ihre täglich Ration von 25 Litern Wasser holen. Um das zu vermeiden, müssen Kapstädter schon jetzt drastisch Wasser sparen. Sie dürfen nur noch 50 Liter Frischwasser pro Tag nutzen. Zum Vergleich: In Deutschland werden pro Person und Tag mehr als 120 Liter verbraucht.
Anele Goba, der ebenfalls in Khayelitsha lebt, hat wenig Verständnis für die Panik der wohlhabenderen Stadtbewohner. Die «Stunde Null» gäbe ihnen einen Geschmack davon, wie Slumbewohner lebten, sagt der 34-Jährige. «Vielleicht wäre das keine schlechte Sache.»
Eine Expertin des Interessenverbandes Social Justice Coalition (SJC), der sich für die Grundrechte der Ärmsten einsetzt, stimmt ihm zu: «Zum ersten Mal müssen alle Menschen in Kapstadt mit Wasserbeschränkungen leben, die für Slumbewohner schon immer zum täglichen Leben gehören», sagt SJC-Projektleiterin Musa Gwebani.
Allein in Khayelitsha, unweit des internationalen Flughafens von Kapstadt, leben einer einige Jahre alten Volkszählung zufolge rund 400'000 Menschen. Wie viele davon ohne fliessendes Wasser zuhause leben, ist nicht genau dokumentiert - es sind wohl mindestens Zehntausende. Im ganzen Stadtgebiet leben der SJC zufolge bis zu 1,2 Millionen Menschen in Armenvierteln.
Gwebani sieht die teils apokalyptische Angst vor der «Stunde Null» als ein Luxusproblem der Mittelklasse. Dies zeige, wie wenig sich die soziale Kluft zwischen Arm und Reich seit Ende des rassistischen Apartheid-Regimes vor mehr als 20 Jahren geschlossen habe. UN-Angaben zufolge ist die Einkommensverteilung in kaum einem Land der Welt so ungleich wie in Südafrika. Hausangestellte oder Arbeiter verdienen oft nur etwas mehr als 200 Euro im Monat - und das sind jene Glücklichen, die einen Job haben. Südafrika mit gut 55 Millionen Einwohnern ist indes das am meisten entwickelte Land des Kontinents.
«Es macht mich so wütend, wenn Leute sich darüber beschweren, dass es nicht genug Wasser gibt oder dass sie nur noch eine bestimmte Menge pro Tag nutzen dürfen», kommentiert die junge südafrikanische Journalistin Suné Payne. Ihre Familie müsse schon seit Jahren mit weniger als 40 Litern pro Tag auskommen, aus dem einfachen Grund, weil die Wasserrechnung sonst zu hoch sei, so Payne.
Weltweit haben nach Angaben der Vereinten Nationen rund ein Drittel der Bevölkerung – rund 2,1 Milliarden Menschen – zuhause kein fliessendes Trinkwasser.
Melissa Steyn, eine Professorin am Institut für Diversitäts-Studien der Universität Witwatersrand in Johannesburg, hofft, dass die Wasserkrise Südafrika wachrütteln wird. «Ich würde mir wünschen, dass man die Krise nutzt, um soziale Reformen voranzutreiben und eine gerechtere Gesellschaft zu schaffen», so Steyn. Zugang zu fliessendem Wasser für alle Südafrikaner sei ein Grundrecht und kein Luxus.
Nur Qosholo, die schon als Kind in der ländlichen Provinz Ostkap Wasser aus weit entfernten Brunnen hohlen musste, zeigt Verständnis für die Panik der Mittelständler in Kapstadt. «Es ist sehr schwere Arbeit, täglich so viel Wasser zu schleppen», erklärt sie. «Ich bin es gewohnt, aber für andere wird es zur Qual werden».
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