Böse Überraschung mit 18 Wenn Kinder die Krankenkassen-Schulden ihrer Eltern erben

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4.12.2019

Erben Jugendliche die Krankenkassenschulden ihrer Eltern, bleibt oft nur der Weg zur Schuldnerberatung.
Erben Jugendliche die Krankenkassenschulden ihrer Eltern, bleibt oft nur der Weg zur Schuldnerberatung.
Archiv / dpa

Nicht selten werden Jugendliche von den Krankenkassen-Schulden ihrer Eltern überrascht. Ab dem Alter von 18 Jahren müssen sie selbst dafür aufkommen. Dieser Zustand soll sich nun ändern.

Zum 18. Geburtstag gibt es in der Regel ein bisschen Geld, ordentlich Alkohol und vielleicht sogar ein Auto geschenkt. Nicht selten jedoch erhalten die ins Leben startenden Jugendlichen von ihren Eltern auch gehörige Schulden zur Volljährigkeit. Oft sind sie nicht darauf vorbereitet, plötzlich mit mehreren Tausend Franken im Minus zu stehen. Geld, das ihre Eltern der Krankenkasse schulden.

Bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres kommen die Eltern für die Krankenkassenprämien ihrer Kinder auf. Danach, so sagt es das Gesetz, sind die jungen Erwachsenen selbst dafür zuständig. Haben die Eltern die Prämien nun zuvor nicht immer gezahlt, beispielsweise weil sie es sich nicht leisten konnten, erben ihre Kinder die entstandenen Schulden – ohne oft auch, ohne es zu wissen. 

Manchmal erfahren die Jugendlichen erst bei der Wohnungssuche, dass sie einen Eintrag im Betreibungsregister haben, wie auch der «Tages-Anzeiger» berichtet. Dieser Eintrag jedoch erschwert die Wohnungssuche erheblich – und somit auch den Start in ein unabhängiges Leben. Auch Bewerbungen in bestimmten Branchen, etwa bei Anwälten, gestalten sich so schwieriger.

Hilfe bei Schuldenberatungen

Oft sind die Jugendlichen verzweifelt, zumal ein Wechsel der Krankenkasse erst nach Bereinigung der Schulden möglich ist. Manche suchen professionelle Hilfe bei Schuldenberatern. Laut «Tages-Anzeiger» gibt es jährlich nach Angaben des Dachverbands der Schuldenberatungsstellen 75 bis 100 Fälle dieser Art, wobei sich die Schuldensumme zwischen 2'000 bis 25’000 Franken bewegt. Die Dunkelziffer der Betroffenen dürfte jedoch erheblich höher liegen.

Hilfe könnte nun von der Politik kommen. Bereits 2015 hatte die Solothurner Sozialdemokratin Bea Heim eine parlamentarische Anfrage zu der Problematik beim Bundesrat eingereicht. Eine Reaktion gab es nicht, und auch als die Politikerin 2017 per Motion forderte, dass die Kinder für die Krankenkassen-Schulden ihrer Eltern nicht verantwortlich sein sollten, habe man «keine zweckmässige Massnahme» zur Problemlösung gesehen, wie der «Tages-Anzeiger» zitiert. Schliesslich seien dann die Versicherer als Gläubiger benachteiligt.

Plötzliche Bewegung

Doch schliesslich kam Bewegung in die Sache: Überraschend unterstützte der Präsident des Krankenkassenverbands Santésuisse Heinz Brand die Forderung Heims nach einer Entlastung der Jugendlichen: «Die jungen Erwachsenen sollen nicht mit dieser Hypothek ins Erwachsenenleben starten müssen», hiess es in einer Motion, die der damalige SVP-Nationalrat einreichte. Auf einmal empfahl auch der Bundesrat zur Annahme, was er noch zuvor nicht empfohlen hatte – offiziell deshalb, weil sich die Fälle verschuldeter Jugendlicher gemehrt hätten.

Inzwischen nahmen sowohl der Nationalrat als auch der Ständerat die Motionen von Heim und Brand mit grossen Mehrheiten an. Eine Gesetzesänderung ist damit aber noch nicht beschlossen. Zu diesem Zweck müsste erst ein Änderungsvorschlag ausgearbeitet werden. Bis dahin dürften noch einige 18. Geburtstage mit unerwünschtem Schuldenerbe ins Land gehen.

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