Allgemeinstrom E-Fahrzeuge sorgen für Ärger: Wenn der Nachbar den Strom anzapft

uri

24.10.2019

Ein Elektroauto wird aufgeladen: Hängt das Fahrzeug am Allgemeinstrom, werden die Kosten auf die Mieter einer Liegenschaft umgelegt.
Ein Elektroauto wird aufgeladen: Hängt das Fahrzeug am Allgemeinstrom, werden die Kosten auf die Mieter einer Liegenschaft umgelegt.
Bild: Keystone/Symbolbild

Moderne Technik stösst auf alte Infrastruktur: Der Konflikt ist vorprogrammiert, wenn Bewohner von Mietshäusern das E-Bike oder das Elektroauto über den Allgemeinstrom laden.

Wie «20 Minuten» berichtet, forderte eine Immobilienverwaltung die Mieter einer Liegenschaft in Männedorf ZH kürzlich dazu auf, ihre Elektrovelos künftig nur noch in der eigenen Wohnung aufzuladen. Im Velokeller sei der Vorgang verboten, weil für das Anzapfen des Allgemeinstroms alle Mieter aufkommen müssten.

Im Rundschreiben weist die Verwaltung darauf hin, dass «aufgrund der steigenden Beliebtheit von E-Bikes (...) Mieter darauf hingewiesen werden müssen, dass die regelmässige Stromentnahme vom Allgemeinstrom nicht erlaubt ist». Bewohner der Liegenschaft hätten deshalb bereits Hausverwaltung interveniert. Auch sei es nicht nötig, dass man sein E-Bike im Velokeller auflade, da «die Akkus mit einem Handgriff entnommen und in der Wohnung geladen werden» könnten.

Mehr Streit wegen Strom

Walter Angst, Sprecher des Mieterverbands des Kantons Zürich, bestätigte «20 Minuten», dass Streitigkeiten wegen des Stroms zunehmen. Bei E-Bikes seien sie zwar noch relativ selten, häufiger seien dafür «Fälle, in denen Elektroautos in der Garage über den Allgemeinstrom aufgeladen wurden.»

Problematisch sei hier, dass es häufig keine geeignete Infrastruktur in der Garage gebe und die Elektroautos zudem eine bedeutend höhere Stromaufnahme hätten, als E-Velos, die «kaum etwas» verbrauchten. Allerdings seien es nicht nur die modernen E-Fahrzeuge, die zu Problemen zwischen Mietern führen könnten. Meistens seien es Haushaltsgeräte, etwa Gefriertruhen, die im Keller über den Allgemeinstrom laufen und so für Streit sorgten.

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Hätten Mieter hier etwas zu bemängeln, müssten sie sich aber nicht gleich an eine Schlichtungsbehörde oder die Verwaltung wenden, meint Angst. Viele Probleme liessen sich schnell aus der Welt räumen, wenn die Mieter miteinander reden würden. Denkbar sei etwa, dass Personen, die ihre Geräte über den Allgemeinstrom versorgen wollten, eine Pauschale zahlen würden, die man dann von der Rechnung für den Allgemeinstrom abziehen könne.

Immer mehr E-Fahrzeuge

Dass das Konfliktpotenzial künftig eher grösser als kleiner werden dürfte, ist an den nackten Zahlen abzulesen. Laut Velosuisse, dem Verband der Schweizer Fahrradlieferanten, war das Jahr 2018 hinsichtlich der Verkäufe von E-Bikes das bisher erfolgreichste Jahr in der Geschichte der Schweizer Velobranche: «Jedes dritte verkaufte Fahrrad ist inzwischen ein E-Bike.» Mit 111'000 E-Bikes sei ein neuer Verkaufsrekord erzielt worden. Es handle sich damit um einen Zuwachs von 27 Prozent.

Auch bei den Elektroautos ist der Trend klar, selbst wenn die Fahrzeuge gemäss Electrosuisse im Jahr 2017 einen verschwindend kleinen Anteil von 0,3 Prozent an der Schweizer Fahrzeugflotte mit insgesamt 4'620'630 Personenwagen hatten. Im Vergleich zum Vorjahr sei aber auch hier der Verkauf um 45 Prozent gestiegen.

Dafür macht es aber einen gewaltigen Unterschied, wenn der Nachbar statt einem E-Bike seinen Elektrowagen an den Allgemeinstrom hängt. Wie «20 Minuten» schreibt, entstehen bei einem Fahraufkommen von 10'000 Kilometer im Jahr bei einem Tesla Model S dann nämlich Kosten von 380 Franken. Bei einem E-Bike seien es entsprechend nur 14 Franken.

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