Die Vorfahren des Schweizer Autors Werner Ryser gerieten im Kaukasus-Krieg (1817–1864) zwischen die Fronten. Ihren Spuren folgt er in seinem spannenden Roman «Die grusinische Braut».
Als Werner Ryser in der georgischen Steppe den einst 2000 Rinder starken Bauernbetrieb seiner Familie suchte, fand er eine Ruine vor. Hat ihn das geschmerzt? «Mich persönlich nicht», meint der Basler Autor gegenüber Keystone-SDA, «aber beim Schreiben habe ich manchmal das Gefühl, dass meine Vorfahren in mir drin sitzen, während ich ihre Krämpfe aufarbeite».
Nun legt er mit «Die grusinische Braut» den zweiten von vier Romanen vor, die inhaltlich zusammenhängen. Erfreut begegnet man dem tapferen Helden aus dem letzten Buch «Geh, wilder Knochenmann» (2019) wieder: Der junge Simon Diepoldswiler, 1859 als Waise auf dem Kindermarkt in Langnau verdingt, schliesst sich radikalpietistischen Auswanderern an, die in Georgien die Siedlung Katharinenfeld gründen (heute Bonissi).
Als gelernter Käser findet er Arbeit auf dem Grossbetrieb eines baltendeutschen Adeligen. Vitus von Fenzlau, Offizier der russischen Armee, hat so manches Massaker unter der einheimischen Bevölkerung zu verantworten. Je älter er wird, desto schwerer trägt er an dieser Schuld. Als seine Ziehtochter sich in den neuen Schweizer Käser verliebt (und dieser sich in sie), vergleicht Vitus ihn mit den standesgemässen jungen Offizieren und sieht sich gezwungen, seine Werte zu überdenken. Eine so grausige wie gnädige Lektüre.
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