Unglück am Lago Maggiore Wurde an der abgestürzten Seilbahn schon seit Jahren manipuliert?

uri

2.6.2021

Eine Aufnahme der abgestürzten Kabine zeigt eine der roten Klammern, die das Notbremsen-System der Seilbahn blockierten. 
Eine Aufnahme der abgestürzten Kabine zeigt eine der roten Klammern, die das Notbremsen-System der Seilbahn blockierten. 
Bild: Keystone

Schon jahrelang könnte an der beim Lago Maggiore abgestürzten Seilbahn manipuliert worden sein. Darauf deuten zumindest die Aufnahmen eines Schweizer Hobbyfilmers hin. 

uri

Das Notbremsen-System an der verunglückten Seilbahn zwischen Stresa und dem Monte Mottarone könnte laut einem Bericht der ZDF-Sendung «Frontal 21» bereits seit Jahren blockiert worden sein. Videoaufnahmen des Schweizer Hobbyfilmers Michael Meier aus den Jahren 2014 und 2018 würden zeigen, dass auch damals Gabeln eingesetzt wurden, um das Notsystem der Tragseilbremse ausser Betrieb zu setzen.

Meier, der laut dem ZDF jahrelang in der Seilbahnbranche arbeitete, hatte die Anlage am Monte Mottarone demnach aus technischem Interesse in den Jahren 2014, 2016 und 2018 gefilmt. Nach dem Kabinen-Absturz  am Pfingstsonntag sei er sein Material erneut durchgegangen und habe die rot lackierten Gabeln – auf Italienisch als «forchettone» bezeichnet – entdeckt. «Mir ist dann aufgefallen, dass auf diesen Fotos diese Forchettone schon zu sehen sind. Schon im Jahr 2014 wurden diese Forchettone mit Personen in der Kabine eingesetzt», sagte Meier dem TV-Sender.



Die Staatsanwaltschaft von Verbania hat die besagten Bilder bereits vom ZDF erhalten. Der Sender legte Fotos und Videos zudem dem Schweizer Seilbahnfachmann Gabor Oplatka, dem ehemaligen Leiter des Bereiches Seilbahntechnik an der ETH Zürich, vor. Oplatka erklärte: «Offensichtlich hat man das praktiziert. Und bis jetzt Glück gehabt, weil ein Zugsachschaden ja relativ selten vorkommt.»

Zustand von überlebendem Jungen bessert sich

Sonntag vor einer Woche waren 14 Personen gestorben, nachdem das Zugseil an der Bahn des Betreibers Ferrovie del Mottarone kurz vor dem Erreichen der Endstation am Monte Mottarone riss. Die Kabine raste daraufhin Richtung Tal, kollidierte mit einem Mast und stürzte ab.

Das Notbremsen-System, das die Kabine am Tragseil hätte stoppen müssen, wurde laut den Ermittlern durch den Einsatz von Klammern ausser Betrieb gesetzt. Der Verdacht steht imRaum, dass dies absichtlich geschah, weil es zuvor Probleme mit dem System gegeben habe. Man wollte demnach den Ablauf nach der coronabedingten Wiedereröffnung nicht stören.

Drei Männer wurden nach dem Unglück zunächst verhaftet. Zwei von ihnen wurden inzwischen aus der Untersuchungshaft entlassen, der dritte steht unter Hausarrest. Die Staatsanwaltschaft ermittelt unter anderem wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung.

Nur ein kleiner Junge aus Israel hat das Unglück überlebt. Sein Zustand besserte sich zuletzt weiter. Am Dienstag sollte er in einem Turiner Spital von der Intensivstation auf eine andere Station verlegt werden. Seine Brust- und Bauchverletzungen besserten sich, teilte das Spital mit.