Ungeliebtes Fleisch Ziegenkäse wird beliebter – aber was passiert mit den Böcken?

dpa/gbi

21.9.2019

Bernd Merscher züchtet Ziegen für den Fleischverkauf – und ist damit eine Ausnahme.  
Bernd Merscher züchtet Ziegen für den Fleischverkauf – und ist damit eine Ausnahme.  
Bild: dpa

Ziegenkäse liegt bei Schweizern im Trend. Allerdings können nur weibliche Tiere die Milch dafür liefern. Was geschieht denn mit den Böcken?

Was die weiblichen Ziegen leisten, liegt auf der Hand: Aus ihrer Milch wird Käse gemacht, und der wird auch in der Schweiz immer beliebter. Das belegen Zahlen der landwirtschaftlichen Organisationen.

Insgesamt assen die Schweizer demnach im letzten Jahr 21,7 Kilogramm pro Kopf. Zwar war nur ein kleiner Teil davon Ziegen- und Schafkäse, doch werden diese Sorten zunehmend beliebt: Pro Kopf wurden davon 0,17 Kilogramm gegessen, ein Plus von 6,6 Prozent gegenüber 2017. Insgesamt wird hierzulande heute rund ein Drittel mehr reiner Ziegenkäse produziert als noch vor sechs Jahren, wie die «Luzerner Zeitung» schreibt. 

Stinkender Käse ist etwas für Junkies

Lars Rehmann spricht von Käse wie von einer Droge: Als «Einstiegskäse» eigne sich ein milder, doch mit der Zeit entdecke man immer würzigere Sorten. Rehmann arbeitet für die Käserei Altenburger Land im deutschen Lumpzig. Besonders gut beobachten könne man seine Theorie bei Ziegenkäse. Der hat das Image, besonders streng zu schmecken, und ist daher eher etwas für – um im Bild zu bleiben – Junkies.  



Schuld am strengen Ziegenkäsegeschmack sei der Bock, erklärt Rehmann. Denn der Bock stinkt und hat den Ziegenprodukten, vom Käse bis zum Fleisch, zu ihrem streng riechenden Image verholfen. Doch die Zeiten ändern sich: Früher seien Milchziegen und die stinkenden Böcke zusammen gehalten worden. Und allein das habe ausgereicht, damit die Milch der Ziege den Geschmack des Bockes annehme. Heute hielten Bauern die männlichen und weiblichen Tiere in der Regel getrennt, was den Käse milder und massentauglicher gemacht habe.

Also ist der Bock das grosse Problem der Ziegenbranche? Zumindest ist die Nachfrage nach Ziegenfleisch bescheiden. Mit Ausnahme von Ostern ist Gitzifleisch kaum je gefragt. Der Schweizer Tierschutz (STS) kritisiert daher, dass sich die Aufzucht von Jungtieren für die Bauern kaum rentiere. Entsprechend würden die Tiere oft vernachlässigt, der STS berichtet gar von ausgehungerten Gitzi, die zur Schlachtbank geführt würden. Und trotzdem – dies sei ein weiteres Problem – würde nach wie vor Ziegenfleisch aus dem Ausland importiert.  

Züchter kontern Kritik der Tierschützer

Ursula Herren, Geschäftsführerin des Schweizerischer Ziegenzuchtverband (SZZV), bestätigt das saisonale Problem des Ziegenfleischs: «Gitzi können in der Schweiz dank der dann erhöhten Nachfrage meist nur vor Ostern zu einem kostendeckenden Preis abgesetzt werden», sagt sie der «Luzerner Zeitung». Sie verwehrt sich aber gleichzeitig gegen die Kritik der Tierschützer, wonach die Tiere nicht gut behandelt und regelrecht «entsorgt» würden.



Der SZZV ermuntere die Züchter dazu, die Tiere als sogenannte Herbstgitzi zu vermarkten. Zusammen mit weiteren Organisationen hätte der Verband zudem diverse Projekte ins Leben gerufen, die das Leben jener Gitzi, die nicht sowieso für die Nachzucht eingesetzt werden, verlängern sollen.

«Ziegenböcke kann man nicht melken.» Bernd Merscher aus dem deutschen Karbach fängt ganz von vorne an, wenn man ihn fragt, was Züchter wie er eigentlich mit den Böcken anstellen. Und er lacht ob der Frage, ob die armen männlichen Ziegen nutzlos neben den wertvollen weiblichen herlaufen und einfach nur fürchterlich stinken.

Denn zumindest die Tiere von seinem Hof landen am Ende auf der Schlachtbank. Mit seiner Fleischziegenherde ist Merscher aber eine Ausnahme – ob in Deutschland oder in der Schweiz. 

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