Nur wenige Tage nach AuszeichnungAargauer Gault-Millau-Restaurant muss per sofort schliessen
Sven Ziegler
10.10.2025
Das «Paradies» in Baden hat per sofort geschlossen.
Tripadvisor
Mitten in der Hochsaison zieht das Restaurant Paradies in Baden AG den Stecker. Trotz frisch bestätigter 15 Gault-Millau-Punkte zwingen wirtschaftlicher Druck und akuter Personalmangel den Betrieb zur sofortigen Schliessung.
Das «Paradies» in der Badener Altstadt ist Geschichte – und das völlig überraschend. «Mit schwerem Herzen müssen wir euch mitteilen, dass wir unser Restaurant ab sofort schliessen», steht auf der Website, wie die «Aargauer Zeitung» zuerst meldete. Der Entscheid fiel nur wenige Tage, nachdem der Gastroführer Gault Millau die 15 Punkte für das Haus bestätigt hatte.
Geschäftsführer und Küchenchef Niklas Schneider (36) spricht von einem Schritt «der alles andere als leichtgefallen» sei. Gegenüber der Aargauer Zeitung erläutert er die Gründe: Personalmangel, vor allem im Service auf gehobenem Niveau, und der damit verbundene wirtschaftliche Druck. Wenn nicht genügend qualifizierte Kräfte verfügbar seien, lasse sich die Auslastung nicht hochfahren – «du kannst die Hütte nicht vollmachen». Am Monatsende zeige sich das in der Abrechnung.
Alle Reservationen verlieren ihre Gültigkeit
Schneider hatte das «Paradies» 2022 übernommen; zuvor kochte er im «Grossen Alexander» in Baden – ebenfalls 15 Punkte. Das Konzept in der aktuellen Adresse – regional, nachhaltig, oft vegetarisch, auf Gourmetniveau – funktionierte beim Publikum, betont er. Doch die Realität der Branche sei hart: Nur 25 Personen hätten in diesem Jahr in der Region eine Servicelehre abgeschlossen.
Besonders bitter: Mit der sofortigen Schliessung verlieren alle Reservationen ihre Gültigkeit – auch bereits geplante Firmen-Weihnachtsessen. Schneider richtet den Blick nun nach vorn: Er unterstützt sein Team bei der Jobsuche. Für ihn selbst sind mehrere Wege offen – auch ein Wechsel in die Ausbildung, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
Auch Schliessungen in anderen Umgebungen
Auch in Zürich sah es so aus, als würde eine Institution verschwunden: die Oepfelchammer im Niederdorf, bekannt als Stammbeiz von Gottfried Keller. Nach über 200 Jahren schloss das Traditionslokal im Herbst 2024 seine Tore – zunächst «leider für immer». Die Betreiber Thomas Trautweiler und Christian Gretener nannten in ihrer Mitteilung Pandemiejahre, Umbauten während des laufenden Betriebs und eine drohende Mietzinserhöhung als Hauptgründe.
Später wurde das Lokal wieder eröffnet – mit neuem Konzept und neuem Pächter.
«Es tut uns leid, denn wir durften auf viel Vertrauen und Loyalität aufbauen», schrieben sie. Der Ort, an dem einst Keller seinen Amtsantritt verschlief, weil er zu viel Wein genossen hatte, ist nun Geschichte.
Auch im Kanton St. Gallen musste ein traditionsreiches Gasthaus schliessen: der Adler in Mörschwil, erbaut im 17. Jahrhundert. Das Pächterpaar Joel Fässler und Désirée Lüchinger musste den Betrieb im April 2025 aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. Besonders bitter: Der «Adler» war das einzige Restaurant im Dorf, das abends geöffnet hatte.
«Der ‹Adler› ist als Treffpunkt unverzichtbar», sagte Gemeindepräsidentin Martina Wäger damals. Die Gemeinde sucht seither neue Pächter*innen – eine Wiedereröffnung im Spätsommer gilt als möglich, aber ungewiss.
Hinweis: In einer ersten Version war die Rede davon, dass die Oepfelchammer dauerhaft geschlossen sei. Dem ist nicht der Fall. Wir bitten um Entschuldigung.