Die Sichtguthaben bei der Schweizerischen Nationalbank (SNB) sind in der vergangenen Woche gesunken. Es war der erste Wochenrückgang seit Januar.
Konkret lagen die Einlagen von Bund und Banken am 5. Juni bei 680,1 Milliarden Franken und damit rund 1,5 Milliarden unter dem Stand der Vorwoche.
Den letzten Rückgang auf Wochensicht gab es am 13. Januar. Seither haben die Sichtguthaben um rund 95 Milliarden zugenommen, wobei das Wochenplus bis zu 13,5 Milliarden betrug. Zum Vergleich: Im gesamten vergangenen Jahr hatte der Anstieg nur rund 10 Milliarden betragen.
Die Entwicklung der Sichtguthaben gilt als Indiz dafür, ob die SNB am Devisenmarkt interveniert, um den Franken zu schwächen. Die Zentralbank kauft Fremdwährungen und schreibt den Banken den entsprechenden Franken-Betrag auf deren SNB-Konten gut.
Und die SNB hatte zuletzt eingeräumt, dass sie interveniere. Denn der Franken war im Umfeld von Corona als «sicherer Anlagehafen» begehrt und wurde immer teurer. So kostete ein Franken Anfang Januar knapp 1,09 Franken. Im Mai fiel dieser Kurs bis auf 1,0464.
Weit entfernt von 1,05
«Es gab bei der SNB wohl einen Richtwert von 1,05, unter den der Kurs nicht fallen sollte», meint Caroline Hilb, Leiterin Anlagestrategie und Analyse bei der St. Galler Kantonalbank. Zuletzt habe die SNB diesen Kurs nicht mehr verteidigen müssen.
Tatsächlich hat sich der Euro gegenüber dem Franken zuletzt markant erholt. Der Kurs stieg innert Tagen auf rund 1,09. «Auf diesem Niveau braucht es keine Interventionen mehr», so Hilb.
Als Hauptgründe für die aktuelle «Frankenschwäche» gelten die angekündigten Konjunkturprogramme in Deutschland und insbesondere in der Eurozone. «Das hat die Risiken für eine neuerliche Eurokrise verringert, und entsprechend hat der Euro an Wert gewonnen», meint CS-Ökonom Maxime Botteron. Auch er geht daher davon aus, dass die SNB in der letzten Woche nicht mehr intervenieren musste.
Auf der anderen Seite gehen er und Hilb aber auch nicht davon aus, dass die SNB bereits Devisen auf den Markt werfen konnte. «Der Rückgang der Girokonten hat wohl andere Gründe», so Botteron.
Corona-Kredite
Denkbar sei etwa, dass die Banken im Zusammenhang mit den Corona-Krediten weniger Liquidität benötigten. Solches zeige sich ebenfalls bei den Girokonten und damit bei den Sichtguthaben.
Vorsichtig sind die Experten auch bei ihrer Prognose für die zukünftige Entwicklung des Euro-Franken-Kurses und damit möglicher weiterer Interventionen. Bei der CS lautet die aktuelle Prognose für den Kurs auf 1,10 in zwölf Monaten, womit also keine weitere massive Frankenabschwächung mehr erwartet wird. Und bei der St. Galler KB sieht Caroline Hilb ebenfalls kaum mehr Potenzial. «Alles, was über 1,09 geht, wäre eine willkommene Überraschung.»
Im Gegenteil meint sie, dass die Risiken nicht verschwunden seien. «Dreht die aktuell positive Marktstimmung wieder, dürfte auch der Franken wieder stärker werden.»
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