Liberalisierter Milchmarkt Jetzt muss die Schweiz erstmals mehr Käse importieren als sie exportiert

SDA / mmi

8.7.2023 - 15:58

Für den Dachverband der Milchproduzenten stellt die starke Liberalisierung des Milchsektors ein Problem dar. (Archivbild)
Für den Dachverband der Milchproduzenten stellt die starke Liberalisierung des Milchsektors ein Problem dar. (Archivbild)
Keystone

In der Schweiz wird seit Jahrhunderten Käse hergestellt, konsumiert und ins Ausland gebracht. Dieses Jahr muss die Schweiz erstmals mehr Käse importieren als exportieren. Der Grund sei der liberalisierte Milchsektor in den 90-er Jahren, sagt der Präsiedent der Schweizer Milchproduzenten.

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  • Das Käseland Schweiz wird laut Dachverband der Milchproduzenten (SMP) dieses Jahr erstmals mehr Käse importieren als exportieren.
  • Dies sei das Resultat der starken Lieberalisierung des Milchsektors in den 90-er Jahren.
  • Das sagt der Präsident des Dachverbandes, Boris Beuret, in einem Interview mit der Westschweizer Zeitung «Le Temps».

Die Schweiz. Was kommt dir in den Sinn wenn du an die Schweiz denkst? Wohl Schokolade, Sackmesser, Uhren und natürlich Käse. 

Und das Milcherzeugnis essen die Schweizerinnen und Schweizer auch ganz gerne. Sei es im Sandwich, zum Apéro, zum Zmittag, als Fondue oder Raclette, das macht im Jahresdurchnitt 20 Kilogramm pro Person.

Dementsprechend viele Sorten Käse werden in der Schweiz hergestellt. Gemäss offiziellen Zahlen des Bundes gibt es hierzulande mehr als 450 Käsesorten, der Schweizer Bauernverband spricht sogar von rund 700. Die entsprechen gut 195'000 Tonnen produziertem Käse, wovon ein Drittel exportiert wird – hauptsächlich in europäische Länder. 

Führt liberalisierter Milchmarkt zu mehr Import?

Die beliebtesten Käsesorten

Greyerzer, Mozzarella und Emmentaler sind die meistproduzierten Sorten. Der im Ausland beliebteste Schweizer Käse ist der Emmentaler, oft Swiss Cheese genannt, mit seinen grossen Löchern. Beliebtester Käse der Schweizer ist der Greyerzer, aber auch Sbrinz, Appenzeller, Raclettekäse und Tête de moine geniessen einen ausgezeichneten Ruf.

Die Zeiten hätten sich seit den 90-er Jahren, als der Milchmarkt liberalisiert wurde, geändert. «Heute verstehen Käufer und Verarbeiter, dass man langfristig nicht mit einer Produktion weitermachen kann, die nicht rentabel ist», sagte der SMP-Präsident im Interview mit der Westschweizer Zeitung «Le Temps».

Bei der Milch sei mehr liberalisiert worden als bei Fleisch oder Getreide. Entsprechend würden Milchbetriebe im Vergleich zu anderen landwirtschaftlichen Betrieben doppelt so schnell schrumpfen. «Wenn wir nichts tun, werden wir am Ende Milch importieren müssen», warnt der SMP-Präsident.

Dies sei absurd. Die Schweiz sei im Vergleich mit dem Ausland ein Milchland: 80 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen in der Schweiz seien Grünflächen. In Deutschland machen sie laut Beuret weniger als einen Viertel aus.

Käseproduktion bereits gedrosselt

Bereits Ende Juni meldete die Sortenorganisation Gruyère (IPG) rückläufige Exporte an. Die Produktion musste für das gesamte Jahr 2023 um zehn Prozent gedrosselt werden. 2021 sei hinsichtlich der Verkäufe im Ausland aber auch ein Rekordjahr gewesen, sagte IPG-Direktor Philippe Bardet damals der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

Wichtiges Handelsgut

Schweizer Bauern setzten traditionell auf Nutztierhaltung, da ein Grossteil des Kulturlandes nicht für den Ackerbau geeignet ist. Durch die Käseherstellung konnte die schnell verderbliche Milch lange haltbar gemacht werden. Der Käse entwickelte sich entsprechend schnell zu einem wichtigen Handelsgut. Schweizer Käse ist auch heute noch ein Naturprodukt, bei welchem auf Konservierungsmittel, Farbstoffe oder Geschmacksverstärker verzichtet wird.

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