Flugausfälle und Verspätungen Deutsche Gewerkschaft bestreikt am Freitag sieben Flughäfen

dpa

15.2.2023 - 06:41

Warnstreiks in NRW: Hier wird heute gestreikt

Warnstreiks in NRW: Hier wird heute gestreikt

Düsseldorf/Berlin, 14.02.2023: Es wird wieder verhandelt und gestreikt – und für Berufspendler bedeutet das zusätzlichen Stress. Denn die Warnstreiks in der Tarifauseinandersetzung im öffentlichen Dienst haben vor allem in Nordrhein-Westfalen für Verzögerungen und Ausfälle im Bus- und Bahnverkehr gesorgt. In Essen standen am Dienstagmorgen ab 3.00 Uhr bei Bus und Bahn die Räder still, wie ein Sprecher der Gewerkschaft Verdi mitteilte. Diese hatte zu der Arbeitsniederlegung aufgerufen. Auch in Köln fuhren laut den Verkehrsbetrieben seit 3.00 Uhr keine Stadtbahnen und Busse. In anderen Ländern wurden am Dienstag ebenso Aktionen erwartet. In der Tarifrunde fordert Verdi 10,5 Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 500 Euro mehr. Die Kommunalen Arbeitgeber lehnen dies als wirtschaftlich nicht verkraftbar ab. Die zweite Runde der Tarifverhandlungen ist für den 22. und 23. Februar in Potsdam geplant.

15.02.2023

Es war eine Frage der Zeit. Im Tarifkonflikt des Öffentlichen Dienstes greift die deutsche Gewerkschaft Verdi zu einer ihrer schärfsten Waffen. Und will am Freitag ganztägig sieben Flughäfen lahmlegen. Denn auch an den Flughäfen arbeiten öffentlich Bedienstete.

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Zehntausende Flugpassagiere müssen sich am Freitag in Deutschland auf Ausfälle und Verspätungen gefasst machen. Die Gewerkschaft Verdi (Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft) kündigte in der Nacht zu Mittwoch an, dann die Airports in München, Frankfurt, Hamburg, Stuttgart, Dortmund, Hannover und Bremen ganztägig lahmlegen zu wollen – und weitet damit den Tarifstreit im Öffentlichen Dienst auf Flughäfen aus. Die Beschäftigten der Betreibergesellschaften werden häufig nach den Tarifverträgen der Kommunen bezahlt.

Der Warnstreik soll am frühen Freitagmorgen beginnen und in der Nacht auf Samstag enden. Hilfslieferungen zu den Erdbebenopfern in die Türkei und nach Syrien sollen vom Streik ausgenommen sein.

Mit den nun fortgesetzten Warnstreiks wollen die Beschäftigten ihren Forderungen im laufenden Tarifstreit des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen Nachdruck verleihen. Bis zur zweiten Runde der Tarifverhandlungen am 22. und 23. Februar sind weitere Warnstreiks unter anderem in Hessen, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen angekündigt.

Teilnehmer einer Demonstration von Sicherheitspersonal in der Gewerkschaft Verdi laufen durch die Innenstadt von Bremen.
Teilnehmer einer Demonstration von Sicherheitspersonal in der Gewerkschaft Verdi laufen durch die Innenstadt von Bremen.
Bild: Keystone/dpa/Focke Strangmann

Bodenverkehrsdienste: Katastrophaler Arbeitskräftemangel

In den laufenden Tarifverhandlungen fordern Verdi und der Beamtenbund dbb 10,5 Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 500 Euro mehr für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen. Die Laufzeit des neuen Tarifvertrags soll zwölf Monate betragen. Die Arbeitgeber haben die Forderungen bislang zurückgewiesen.

Die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Christine Behle sagte, bei den Beschäftigten der Bodenverkehrsdienste herrsche nach wie vor ein katastrophaler Arbeitskräftemangel. Um diese Situation zu ändern, müsse für sie eine attraktive Lohnerhöhung erfolgen. Die Beschäftigten der Luftsicherheit hätten Anspruch auf eine Erhöhung der Zuschläge in den Manteltarifverträgen. Im «Handelsblatt» (Mittwoch) warnte sie: «Wir brauchen dringend bessere Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten im Luftverkehr, sonst droht der nächste Chaossommer.»

«Inflation, hohe Energie- und Lebensmittelpreise treiben die meisten Beschäftigten in eine unsichere Situation», sagte Behle laut Verdi-Mitteilung und fügte hinzu: «Viele wissen nicht mehr, wie sie ihre Mieten bezahlen und den Kühlschrank füllen sollen. Sie brauchen deutlich mehr Geld, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.» Das müssten die Arbeitgeber einsehen und dementsprechend reagieren.

Teilweises Erliegen des Luftverkehrs

Wegen des Streiks ist der Gewerkschaft zufolge mit starken Auswirkungen vor allem im innerdeutschen Flugverkehr zu rechnen – von Verspätungen, über Ausfälle bis hin zum teilweise Erliegen des Luftverkehrs. Behle wies darauf hin, Hilfslieferungen für die Erdbebenopfer in die Türkei und nach Syrien würden nicht bestreikt. Viele Hilfslieferungen würden zudem über das Zentrum für Auslandslogistik des THW in Mainz erfolgen.

Der Hauptgeschäftsführer des Flughafenverbandes ADV, Ralph Beisel, kritisierte den angekündigten Warnstreik scharf. Wenige Tage vor der zweiten Runde der Tarifverhandlungen setze Verdi den deutschen Luftverkehr einer beispiellosen Eskalation aus, sagte er. Wenn am Freitag sieben der grössten zehn deutschen Flughäfen ganztägig bestreikt würden, habe dies nichts mehr mit einem Warnstreik zu tun. «In unzumutbarer Weise soll ein ganzes Land vom internationalen Luftverkehr abgeschnitten werden.» Die Leidtragenden seien Hunderttausende Passagiere, Privat- wie Geschäftsreisende, zusätzlich Teile der Luftfracht und Warenlogistik.

Verdi hatte im Januar bereits in zwei anderen Tarifkonflikten die Flughäfen in Berlin und Düsseldorf bestreikt. In der NRW-Hauptstadt ging es um einen neuen Abschluss beim Bodenabfertiger Aviapartner, in Berlin streikten die Beschäftigten der Betreibergesellschaft, der Bodenverkehrsdienste sowie die Luftsicherheitskontrolleure. In Berlin wurde nach dem Warnstreik eine Einigung erzielt.

Luftverkehr extrem streikanfällig

Der Luftverkehr ist wegen der zersplitterten Dienstleister extrem streikanfällig, weil viele kleine, sicherheitsrelevante Gruppen streikmächtig genug sind, den Betrieb lahm zu legen. Im Grunde reicht der Streik der Flughafenfeuerwehr, um den gesamten Betrieb stillzulegen.

In der Vergangenheit haben beispielsweise die Kräfte an der Passagierkontrolle, die Piloten, Techniker, Flugbegleiter, Vorfeldlotsen oder das Bodenpersonal gestreikt. Sie werden teilweise von Spartengewerkschaften vertreten. Verdi hat unter anderem über den hier im Streit stehenden Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes, nach dem viele Beschäftigte der Flughafengesellschaften bezahlt werden, Zugriff auf die Fluginfrastruktur.

Der bisher letzte grosse Warnstreik mit ähnlichen Folgen liegt bereits einige Jahre zurück: Im April 2018 mussten deutschlandweit Hunderte Flüge annulliert werden, weil die Tarifverhandlungen für die Beschäftigten der Kommunen und des Bundes nicht vorankamen. In acht Bundesländern legten daher bei einem Warnstreik Zehntausende Beschäftigte die Arbeit nieder. Neben Flughäfen waren vielerorts auch der städtische Nahverkehr, Kitas, Kliniken, Verwaltungen und Hallenbäder betroffen.