Corona-Rettungspläne EU braucht Steuergelder: Druck auf die Schweiz dürfte wachsen

SDA/tsha

28.5.2020

Die EU-Staaten wollen mit vielen Milliarden ihre Wirtschaft retten. Das könnte auch auf die Schweiz Auswirkungen haben.

Wegen Corona haben die EU-Staaten milliardenschwere Hilfspakete geschnürt. Auch die EU-Kommission schlägt ein 750-Milliarden-Hilfsprogramm vor. Damit wird die Verschuldung der Staaten steigen und der Druck auf Tiefsteuerländer wie die Schweiz zunehmen. Gemäss Internationalem Währungsfonds (IWF) steigt die Staatsschuldenquote Spaniens im Zuge der Coronakrise nunmehr auf 113,5 Prozent des Bruttoinlandprodukts, jene Frankreichs auf 115,5 Prozent und jene Italiens gar auf 155,5 Prozent.

Viele Länder werden daher finanzielle Unterstützung brauchen. Aus diesem Grund schlägt die EU-Kommission zum ersten Mal in ihrer Geschichte die Aufnahme von Schulden durch die EU vor. Doch früher oder später müssen diese zurückbezahlt und die Löcher in den Staatskassen gestopft werden. Kein Politiker verkündet jedoch gerne Sparprogramme und Steuererhöhungen. Der Sparschock dürfte jedoch etwas gedämpft werden, wenn Mehreinnahmen generiert werden können, ohne die eigene Bevölkerung oder Unternehmen zur Kasse zu bitten.



Blick in die Vergangenheit

Bereits bei der letzten Finanz- und Wirtschaftskrise, die 2008 begann und in eine Staatsschuldenkrise mündete, nahm die EU-Kommission die Steuergerechtigkeit unter die Lupe. Im Juni 2015 präsentierte sie einen «Aktionsplan für faire und effiziente Unternehmensbesteuerung in der EU». Dazu zählten etwa «eine gerechte Besteuerung am Ort der Wertschöpfung» oder die Erhöhung der «Transparenz bei Steuervorbescheiden».

In guter Erinnerung dürfte auch die Einführung der EU einer schwarzen und grauen Liste der Steueroasen sein. Die Schweiz landete eine gewisse Zeit lang auf der grauen Liste, weil die Stimmberechtigten die Unternehmenssteuerreform III ablehnten, mit der fünf von der EU kritisierte Unternehmenssteuer-Regime hätten abgeschafft werden sollen.

Kritik aus Italien

Vor wenigen Wochen war es nun Italiens Premierminister Giuseppe Conte, der in «Tamedia-Zeitungen» Kritik an Ländern mit tiefen Steuern für Unternehmen äusserte. Konkret ging es um die Niederlande, die sich vehement gegen die Ausgabe von Corona-Bonds zur Unterstützung von durch Covid-19 stark getroffene Länder aussprach. Conte sagte Mitte April, das Steuerdumping ziehe «Tausende internationale Grosskonzerne an», die ihren Sitz in die Niederlande verlegten. Das Land habe dadurch einen «massiven Zufluss von Steuergeld, das dann wiederum anderen Ländern in der Union fehlt».



Zuvor hatten bereits italienische Bürgermeister und Abgeordnete mit einer ganzseitigen Anzeige in der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» um Zustimmung zu Corona-Bonds geworben und gleichzeitig die niederländische Steuerpolitik scharf kritisiert: «Es sind unsere öffentlichen Haushalte und die sozial Schwachen in unseren Ländern, die dafür den Preis zahlen müssen.»

Kritik durch Tax Justice Network

In die gleiche Kerbe schlug Ende April auch das Tax Justice Network, eine unabhängige Non-Profit-Organisation, die Studien zu Steuerthemen verfasst. Sie publizierte einen Bericht, in dem sie die Schweiz, die Niederlande, Grossbritannien sowie Luxemburg wegen ihrer tiefen Steuersätzen anprangert. Dadurch ermögliche die «Achse der Steuervermeidung» US-amerikanischen Unternehmen, jährlich 27 Milliarden Euro steuertechnisch an Finanzämtern vorbeizuschleusen - zum Nachteil von anderen EU-Staaten. Gemäss Tax Justice Network haben deshalb auch EU-Länder wie Frankreich, Polen und Dänemark «Unternehmen, die in Steueroasen registriert sind», von Covid-19-Hilfsgeldern ausgeschlossen.

In naher Zukunft dürfte also der Bedarf an zusätzlichem Geld steigen. Bereits mit der Präsentation ihres 750-Milliarden-Euro schweren Rettungspakets am Mittwoch brachte die EU-Kommission unter anderem erneut eine Digitalsteuer ins Spiel. Der französische Finanzminister Bruno Le Maire, dessen Land sich schon lange für eine Digitalsteuer für grosse Internet-Unternehmen einsetzt, hatte schon früher argumentiert, er könne seiner Bevölkerung nicht erklären, «dass sie Steuern zahlen soll, wenn bestimmte Unternehmen das nicht tun».

Mit einer Digitalsteuer würden Unternehmen nicht mehr dort Steuern bezahlen, wo ihr Standort ist, sondern neu dort, wo ihre Dienstleistungen in Anspruch genommen werden. Die Schweiz mit einem kleinen Konsumentenmarkt müsste grosse Steuereinbussen in Kauf nehmen. Die Einführung einer Digitalsteuer wird jedoch kaum mehr abzuwenden sein, denn auch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) arbeitet daran. Für die Schweiz kann es hier nur noch um Schadensbegrenzung gehen.

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