Chinesischer Immobilienentwickler Evergrande ist pleite
Der massiv verschuldete chinesische Immobilienentwickler Evergrande hat sich in den USA für zahlungsunfähig erklärt. Die Schulden belaufen sich je nach Quelle auf 276 bis 300 Milliarden Euro.
18.08.2023
Chinas Immobiliensektor ist in der Krise. Das Unternehmen Evergrande ist mit 300 Milliarden Dollar verschuldet und hat in den USA Gläubigerschutz beantragt. Die Probleme erfassen bereits andere Wirtschaftszweige.
Chinas Immobilienmarkt kommt nicht zur Ruhe: Der hoch verschuldete Immobilienentwickler Evergrande hat in den USA Gläubigerschutz beantragt.
Wie aus Gerichtsunterlagen hervorgeht, beantragte das Unternehmen am Donnerstag in Manhattan Gläubigerschutz nach Kapitel 15. Damit will es sich in den USA vor Forderungen schützen, während anderswo die Verhandlungen weitergehen.
Schulden von über 300 Milliarden
Der chinesische Konzern steckt in einer tiefen Krise und gilt als das am höchsten verschuldete Immobilienunternehmen der Welt. Evergrande hatte Schulden von über 300 Milliarden Dollar (rund 276 Mrd Euro) angehäuft. Zinszahlungen konnten nicht mehr pünktlich geleistet werden.
Im Januar 2022 kündigte das Unternehmen einen Restrukturierungsplan an. Dieser wurde über ein Jahr später im März präsentiert. Wie die britische «Financial Times» berichtete, sollen noch in diesem Monat Verhandlungen mit Gläubigern in Hongkong stattfinden.
Der chinesische Immobiliensektor befindet sich seit geraumer Zeit in einer schweren Krise, für die Evergrande aufgrund seiner schieren Grösse zum Symbol geworden ist. Nicht nur profitgierige Immobilienentwickler, die unverhältnismässig und oft am tatsächlichen Bedarf vorbei gebaut haben, sind für die aktuelle Situation verantwortlich.
Regulierung verschärft die Krise
Auch Peking trägt seinen Teil dazu bei. Denn bevor die Branche in Schieflage geriet, wurde sie mit harten neuen Regeln zum Schuldenabbau konfrontiert. Dutzende weitere Immobilienentwickler sind seither in den Abgrund gerissen worden. Die allzu strengen Regeln wurden oft als Hauptursache der Krise angesehen.
Inzwischen hat Peking die Vorschriften wieder etwas gelockert und Hilfe für die Branche signalisiert. Doch viel Vertrauen ist verspielt, die Verunsicherung gross. Erst vergangene Woche stürzte das Unternehmen Country Garden an der Börse ab, nachdem es zwei Kuponzahlungen für US-Dollar-Anleihen verpasst hatte. Dabei galt der zweitgrösste Entwickler des Landes zuvor als vergleichsweise stabil.
Zwar handelt es sich zunächst nur um Zinszahlungen in Höhe von 22,5 Millionen US-Dollar. Dennoch wurden sofort Erinnerungen an Evergrande wach, wo die Probleme ähnlich begannen.
Krise weitet sich auf andere Sektoren aus
Der Immobiliensektor ist ein wichtiger Treiber des jahrzehntelangen Wachstums der chinesischen Wirtschaft. Nun steckt seine Krise auch andere Sektoren an. Die chinesische Wirtschaft ist derzeit ohnehin angeschlagen. Die Exporte sinken, die ausländischen Direktinvestitionen sind eingebrochen, die Arbeitslosigkeit steigt – trotz geschönter Zahlen. Die Erholung nach der Corona-Pandemie fällt schwächer aus als von der Regierung erhofft.
Die Krise im Immobiliensektor droht zudem auf die Finanzbranche überzugreifen. Mit Zhongrong International Trust scheint nun auch eine von Chinas berüchtigten «Schattenbanken» in ernsthafte Schwierigkeiten zu geraten. Dabei handelt es sich um Finanzunternehmen, die keine Banklizenz haben, aber im Auftrag von Investoren Geld anlegen – oft mit dem Versprechen hoher Zinszahlungen.
Zhongrong soll in Liquiditätsschwierigkeiten geraten sein, weil es grosse Summen in den krisengeschüttelten Immobiliensektor investiert hat. Vor der Zentrale in Peking kam es bereits zu Protesten verärgerter Anleger.
Die Sorgen um Chinas Immobilienmarkt und wirtschaftliche Performance verunsichern auch die internationalen Finanzmärkte und lasteten auf den Kursen im deutschen Leitindex Dax. «Was in Deutschland in der vergangenen Woche in klein zu beobachten war, könnte sich in China jetzt zu einer handfesten Krise ausweiten und auch die weltweiten Finanzmärkte in Mitleidenschaft ziehen», schrieb Jürgen Molnar, Kapitalmarktstratege vom Handelshaus Robomarkets, kürzlich.