Krebserregende StoffeLonza soll Trinkwasser verschmutzt haben
SDA
30.5.2018 - 16:01
Der Chemiekonzern Lonza wird wegen Widerhandlungen des Gewässerschutzgesetzes und fahrlässiger Verunreinigung von Trinkwasser angeklagt. Er soll das Wasser jahrelang mit einem krebserregenden Lösungsmittel verschmutzt haben, ohne etwas dagegen zu unternehmen.
Die Walliser Staatsanwaltschaft geht mit dem Unternehmen hart ins Gericht. Lonza habe mehrfach in pflichtwidriger Unvorsichtigkeit Stoffe widerrechtlich mittelbar und unmittelbar in ein Gewässer eingebracht sowie versickern lassen und dadurch die Gefahr einer Verunreinigung des Wassers herbeigeführt, heisst es in der Anklageschrift ans Bezirksgericht Visp, die der Nachrichtenagentur sda vorliegt.
Weiter soll der Konzern in seiner Chemiefabrik in Visp VS das Trinkwasser für Menschen oder Haustiere mit gesundheitsschädlichen Stoffen verunreinigt haben, indem es 2011 und 2012 sowie zwischen 2014 und 2017 vom Gemeindegebiet Visp aus zu mehreren Fällen von Wasserverschmutzung durch 1.4-Dioxan gekommen sei.
Das Lösungsmittel wird etwa zur Herstellung von Farben und Lacken, Waschmitteln und Reinigungswirkstoffen, Kosmetika, Insektiziden und Herbiziden eingesetzt. Es ist in hohen Dosen beim Menschen krebserregend - möglicherweise bereits in geringen Dosen.
Lonza verletzte Pflichten
Die Verschmutzung durch 1.4-Dioxan wurde 2014 bei der Grundwasserüberwachung entdeckt, die der Kanton anlässlich des Baus der Autobahn A9 eingerichtet hatte. Im Sommer vereinbarte Lonza mit der Dienststelle für Umweltschutz eine maximale Abgabe von acht Kilogramm 1.4-Dioxan pro Tag ins Industrieabwasser. Für die Rhone wurde ein Grenzwert von 6,6 Mikrogramm pro Liter (μg/l) festgesetzt.
Auch danach kam es laut Anklage aber zu Fällen, in denen diese Werte deutlich überschritten wurden. An einem Tag im April 2015 betrug die maximale Dioxanfracht 36,66 Kilogramm. Zudem sollen Mitarbeiter von Lonza auch mehrere Liter 1.4-Dioxan im Freien verschüttet haben, worauf das Lösungsmittel in das Grundwasser versickerte.
Laut Anklage war Lonza spätestens seit Anfang 2012 bekannt, dass die abgegebenen Dosen zu hoch sind. Dennoch hätte Lonza die Kontamination der Gewässer verhindern können, ist die Walliser Staatsanwaltschaft überzeugt. Dafür hätte sie die Betriebsleiter besser informieren, das ausgeflossene Dioxan melden und die kantonalen Vorgaben einhalten müssen.
Passive Rolle des Kantons
Wer für die Gewässerverschmutzungen verantwortlich ist, lässt sich laut Anklage nicht eruieren. Die Straftaten liessen sich keiner natürlichen Person zuordnen. Begründet sei dies in der mangelhaften Organisationsstruktur innerhalb des Lonzawerks in Visp.
Dass das Unternehmen verantwortlich ist, steht für die Walliser Staatsanwaltschaft jedoch ausser Frage. Lonza sei die einzige Firma im Kanton Wallis, die in ihrer Produktion grosse Mengen des Lösungsmittel verwende, heisst es in der Anklageschrift.
Kritik übt die Staatsanwaltschaft auch am Kanton. Es wäre die Pflicht der Abteilung für Umweltschutz gewesen, die Prozeduren und Zuständigkeiten für den Umgang mit den gefährlichen Substanzen aktiv umzusetzen. Stattdessen habe der Kanton ein "reaktives Vorgehen" beschlossen und erst gehandelt, wenn eine Gewässerverschmutzung bekannt geworden sei. Der Kanton habe Lonza "ein hohes Mass an Eigenverantwortung" auferlegt.
Die Staatsanwaltschaft gibt die Anträge zu den Sanktionen an der Hauptverhandlung bekannt.
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