Die Lufthansa will im Bieterrennen um Alitalia die Rivalen Delta und Easyjet ausstechen. "Wir kämpfen um den Markt Italien und damit auch um die Alitalia", sagte Vorstand Harry Hohmeister am Montag im Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters.
Das Management der Swiss-Muttergesellschaft habe in letzter Zeit "vertiefte Gespräche" mit Politikern in Italien und den Verantwortlichen bei der staatlichen Bahngesellschaft Ferrovie dello Stato (FS) über eine Mehrheitsbeteiligung an Alitalia geführt.
FS stieg bei der insolventen staatlichen Schwester Alitalia Ende 2018 unter der Massgabe ein, Airlines als Miteigentümer zu finden. In dem seit der Pleite 2017 laufenden Verkaufsprozess hat jetzt Medienberichten zufolge Delta die Nase vorn. Auch der britische Billigflieger Easyjet hatte Interesse bekundet.
Die Lufthansa war lange Zeit der neue Wunscheigentümer der italienischen Staatskommissare, die zeitweise über die Zukunft Alitalias verhandelten. Doch der deutsche Platzhirsch stellte harte Bedingungen: Alitalia sollte erst unter staatlicher Verantwortung mit dem Abbau Tausender Stellen saniert werden - doch schon in der Vergangenheit scheiterten Sanierungsversuche am Widerstand der starken Gewerkschaften.
Und die Lufthansa wäre nur zum Einstieg bereit, wenn sie das Sagen bekommt und akzeptiert keine staatlichen Miteigentümer. Diese Bedingungen gälten weiter, erklärte der frühere Swiss-Chef Hohmeister. "Wir sind an Alitalia interessiert, aber unter den richtigen Voraussetzungen - die haben sich nicht grundsätzlich geändert." Langfristig wolle die Lufthansa 100 Prozent übernehmen.
Lufthansa für europäische Lösung
Kurz vor einer entscheidenden Sitzung bei Alitalia am Dienstag, bei der sich FS auf einen bevorzugten Investor festlegen will, trommelt der Lufthansa-Manager für den Plan der Kranich-Airline. Die starke wirtschaftliche Stellung der Lufthansa allein sollte "schon Argument genug für die Verantwortlichen bei Alitalia sein, darüber nachzudenken, ob sie eher Teil eines starken europäischen Systems sein möchten oder einen anderen Weg gehen wollen." Ein europäischer Verbund sei allein schon aus volkswirtschaftlichem Interesse wichtig, damit das Industrieland Italien in ein weltweites Netz eingebunden sei.
Der andere Weg wäre eine Minderheitenbeteiligung von Delta, die als amerikanisches Unternehmen nach EU-Vorschriften nicht Mehrheitseignerin einer europäischen Airlines werden kann. Doch erfahrungsgemäss sei es schon wegen der vielen verschiedenen Interessengruppen wie Politik und Gewerkschaften in der Luftfahrt schwer, mit Minderheitseignern zu arbeiten, setzt Hohmeister dagegen. "Die Ansätze, jeder wirft mal 20 Prozent in die Kasse, und dann sehen wir, wie es weitergeht, sind nicht besonders nachhaltig." Delta soll nach Zeitungsberichten einen deutlich geringeren Stellenabbau als die Lufthansa planen, die Hohmeister auf aktuell noch weniger als 3000 beziffert. Eine Teilhaberschaft von Delta wäre kurzfristig womöglich der leichtere Weg, sagte der Lufthansa-Manager. "Dafür hat sich Alitalia schon öfter entschieden, das aber war langfristig nie erfolgreich."
Unter dem Dach der Lufthansa könne Alitalia operativ eigenständig bleiben und als Premiummarke weiterentwickelt werden. "Uns geht es nicht um die volle Integration der Alitalia als Kapazitätsprovider. Sondern sie soll ein eigenes Gesicht und auch eine eigene Identität behalten", ergänzte Hohmeister. "Uns geht es darum, dass Alitalia keine Marktanteile mehr verliert, denn irgendwann ist eine Übernahme nicht mehr werthaltig und lohnt sich nicht mehr", mahnte er.
Der Personalabbau sollte sozialverträglich gestaltet werden. Die Lufthansa sei bereit, neben Stellenabbau auch Auslagerungen und alternative Angebote für entsprechend flexible Beschäftigte im Konzern zu suchen. Darüber habe es bisher aber keine Gespräche gegeben: "In die Diskussion müsste man zunächst ernsthaft eintreten. Aber wenn sich die Verantwortlichen hier gar nicht bewegen wollen, dann kann man auch keine konstruktive Lösung erreichen."
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