Börse und SP sind beide beunruhigtMilliardenrechnung für Steuerzahler oder für Anleger?
Petar Marjanović
15.10.2025
Risse im Finanzriesen: Nach dem Gerichtsurteil zur CS-Abschreibung steht die Zwangsfusion von UBS und Credit Suisse wieder in der Kritik.
Bild:Keystone
Ein Paukenschlag aus St. Gallen erschüttert die CS-Rettung: Das Bundesverwaltungsgericht erklärt die Abschreibung der AT1-Anleihen für rechtswidrig. Jetzt droht ein Milliardenstreit zwischen Bund und UBS.
Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass die Zwangsabschreibung der AT1-Anleihen der Credit Suisse rechtswidrig war, weil der Finma die gesetzliche Grundlage fehlte.
Bleibt das Urteil bestehen, droht ein Milliardenstreit zwischen der UBS und dem Bund.
Nach Bekanntwerden des Entscheids fiel der UBS-Aktienkurs kurzfristig um rund drei Prozent.
Die SP warnt, dass am Ende die Steuerzahlenden für die Risiken der CS-Rettung aufkommen könnten.
Die E-Mail des Bundesverwaltungsgerichts, die am Dienstag um 12.14 Uhr verschickt wurde, hatte es in sich: Die Zwangsabschreibung der sogenannten «AT1-Anleihen» der Credit Suisse war rechtswidrig. Die Finanzmarktaufsicht (Finma) habe für diesen Schritt keine ausreichende gesetzliche Grundlage gehabt, hält das Gericht fest.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Am Mittwoch teilte die Finma mit, dass sie den Entscheid an das Bundesgericht weiterziehe. Sollte dieses das Urteil bestätigen, wird sich die Frage stellen, wer am Ende für die Verluste aufkommt – die UBS oder der Bund. Anleger*innen hatten im Zuge der Zwangsfusion von Credit Suisse und UBS mit diesen risikoreichen Papieren (AT1-Anleihen) insgesamt 16,5 Milliarden Franken verloren.
Für die rund 3000 Beschwerdeführenden in gut 360 Verfahren ist der Entscheid ein Etappensieg. Weniger erfreut dürfte man dagegen bei der UBS und im Finanzdepartement sein: Sollte das Bundesgericht den Entscheid bestätigen, droht ein milliardenschwerer Streit zwischen der Eidgenossenschaft und der Grossbank.
Kurs sackt um bis zu drei Prozent ab
An der Börse reagierten die Anleger*innen rasch: Wenige Minuten nach der Veröffentlichung des Urteils fiel der UBS-Aktienkurs leicht und verlor bis zum Tagestief rund drei Prozent. Auffällig war, dass der Kurs bereits vorbörslich nachgegeben hatte.
Mehrere Leser*innen von blue News vermuteten, dass der Entscheid schon vor der offiziellen Publikation bekannt gewesen sein könnte. Weder UBS noch Finma wollten sich zur Kursentwicklung äussern. Die Finma erklärte lediglich allgemein, dass «unternehmensexterne Informationen» als Insiderinformationen gelten könnten, sofern sie den Aktienkurs «erheblich» beeinflussten.
Fachleute halten den Kursrückgang jedoch für unbedeutend: Der Entscheid sei bereits am 1. Oktober gefällt worden und hätte somit schon früher mit Insiderhandel ausgenutzt werden können. Zudem seien die Verluste an der Börse gering ausgefallen – ein mögliches Zeichen dafür, dass grosse Investoren bislang gelassen reagieren.
Kritiker von links reagieren beunruhigt
Anders die Sozialdemokraten: SP-Sprecher Nicolas Haesler erinnerte auf Anfrage daran, dass seine Partei schon früh vor den finanziellen Risiken der CS-Pleite gewarnt habe. «Der Bundesrat hat der UBS die CS zum Schnäppchenpreis übergeben – die Risiken trägt die Bevölkerung, die UBS wurde geschont. Wir haben immer gesagt, dass hier eine Milliardenrechnung für die Steuerzahlenden droht. Der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts ist entsprechend beunruhigend», sagte Haesler.
Die SP kündigte an, das Urteil und «die Reaktionen der Beteiligten genau zu prüfen». Sie bekräftigte ihre Forderung nach klaren Regeln, damit die Steuerzahlenden nicht für die «Risiken der neuen Monsterbank UBS» geradestehen müssen.
Hinweis: Nach der Publikation des Artikels kündigt die Finma an, den Entscheid ans Bundesgericht ziehen zu wollen. Diese neue Entwicklung wurde im zweiten Absatz ergänzt.