Mehr demokratische Kontrolle, rechtsstaatliche Prinzipien und Grundrechte in der digitalen Öffentlichkeit: das fordern mehrere Organisationen. Mit Verweis auf die EU wollen sie der politischen Debatte in der Schweiz Schub verleihen.
Keystone-SDA, tl, sda
12.10.2022, 11:48
SDA
Ein grosser Teil der Öffentlichkeit äussere sich heute auf privaten Kommunikationsplattformen. Weder könne die Öffentlichkeit nachvollziehen, wie dies geschehe und welchen Einfluss es auf die Gesellschaft habe, noch könne sie sich dabei wirksam vor Manipulation und Diskriminierung schützen oder Phänomenen wie Hassrede oder Desinformation begegnen, heisst es in einer Mitteilung der Organisationen vom Mittwoch.
Der Bundesrat habe zwar im November 2021 einen ausführlichen Bericht über den Einfluss von Kommunikationsplattformen auf die digitale Öffentlichkeit verfasst und vom Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) bis Ende dieses Jahres ein Aussprachepapier zur Plattformregulierung verlangt.
EU geht voran – Schweiz schläft
Aber sowohl diese Debatte als auch konkrete Regulierungsvorschläge fehlten bisher weitgehend. Während die Europäische Union mit dem Digital Services Act eine umfassende Regulierung von Online-Plattformen beschlossen habe, um diesen Phänomenen zu begegnen, schlafe die Schweizer Politik.
In einem «Joint Statement zur Plattformregulierung» präsentieren die Organisationen AlgorithmWatch Schweiz, die Digitale Gesellschaft und die Stiftung Mercator Schweiz Vorschläge.
So fordern sie etwa einen Datenzugang für Forschung, Zivilgesellschaft und Journalismus sowie Risikoeinschätzungen und Auditierung, das heisst: Algorithmische Systeme sollen auf ihre Risiken für Grundrechte und Demokratie hin geprüft werden.
Weiter sollen Löschungen begründet werden, es soll ein Beschwerdesystem und ein Schlichtungsverfahren eingeführt werden. Gefordert werden Aufsichtsbehörden und zugängliche Vertretungen der Plattformen in der Schweiz und die selbstbestimmte Nutzung von Plattformen.
Besonders schützenswerte Personendaten sollen nicht für Profiling und Werbung genutzt werden dürfen. Auch der Schutz vor Geschlechterdiskriminierung soll gestärkt und die Kennzeichnung von politischer und kommerzieller Werbung sowie der Finanzierungsquelle sichergestellt werden.
Kennzeichnung von Bots gefordert
Die Organisationen fordern ausserdem eine Eingrenzung der Desinformation und die Kennzeichnung von sogenannten Bots (englische Abkürzung für Robot). Damit soll die algorithmisch getriebene Verbreitung von falschen Informationen gestoppt werden.
Nicht zuletzt soll auch die Medienbildung im digitalen Raum als Pflichtfach für eine starke Demokratie gefördert werden. Sie soll die digitale Informations- und Nachrichtenkompetenz stärken.
Hinter diesen Forderungen stehen auch die Organisationen CH++, Dezentrum, die Fachgruppe Informatik und Gesellschaft der Schweizer Informatikgesellschaft, humanrights.ch, ICT4Peace, Netzcourage, OpenData.ch, PinkCross, die Stiftung für Konsumentenschutz, die Stiftung Risiko Dialog und der Zurich Hub for Ethics and Technology (ZHET).
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