Brigitte Beck eckt mit Aussagen anRuag-Chefin fällt dem Bundesrat in den Rücken
phi
11.5.2023
Erst gibt Ruag-Chefin Brigitte Beck ein Interview, dann zieht sie ihre Aussagen zurück: Obwohl das Interview nicht erscheint, kritisiert sie die Medien – und fordert Berlin und Madrid auf, Schweizer Recht zu brechen.
phi
11.05.2023, 11:10
phi
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Ruag-Chefin Brigitte Beck hat ein Interview mit CH-Media umgeschrieben, das der Verlag so nicht bringen wollte.
Beck schaltete einen Anwalt und einen Berater ein, die mit Kosten von über zwei Millionen Franken drohen, falls das Interview publiziert würde.
Bei einer Podiumsdiskussion ruft Beck Spanien und Deutschland mit Blick auf die umstrittene Waffen-Weitergabe dazu auf, Schweizer Recht zu brechen und Material ungefragt weiterzugeben.
Diese Aussage stösst auf breiter politischer Front auf scharfe Kritik.
Auch das zurückgezogene Interview bleibt ein Thema, weil Beck firmenintern gegen die Medien nachtritt.
Eigentlich sind CH-Media und Tamedia Konkurrentinnen, doch wenn es um die Aussagen von Ruag-Chefin Brigitte Beck geht, die diese nachträglich abgeändert hat, sind sich die Schweizer Verlagshäuser einig.
Worum es geht? Beck hat CH-Media ein Interview gegeben, in dem es um Waffen-Lieferungen in die Ukraine geht und in dem sie den Bundesrat kritisiert. Bei der Abnahme der Zitate werden aber nicht nur ihre Aussagen umgeschrieben, sondern auch die Fragen des Journalisten verändert.
«Gern hätte CH-Media dieses Gespräch im Wortlaut veröffentlicht. Aber das abgetippte Interview, das sich sehr genau am gesprochenen Wort orientiert, wollte Beck nicht veröffentlicht sehen», schreibt CH-Media. Auf einen Konflikt lässt es der Verlag nicht ankommen, weil Beck einen Anwalt und einen Berater engagiert.
«Das könnte teuer werden»
«Das könnte teuer werden», droht Kommunikationsberater Kaspar Loeb den Journalisten. Becks Aussagen seien «teilweise aus dem Kontext gerissen oder textlich isoliert dargestellt». Das Interview könnte seine Mandantin ihren Kopf kosten: Den Gehaltsausfall von 700'000 Franken per anno über drei Jahre könnte CH-Media also über zwei Millionen Franken kosten.
Obwohl CH-Media einen Rückzieher macht, grätscht Beck im Ruag-Intranet nach. «Das Verhalten von CH-Media ist ein typisches Beispiel, wie Medien, die immer mehr wegen zurückgehender Leserzahlen und schrumpfender Werbeeinnahmen unter Druck stehen, aggressiver vorgehen und auch eine eventuelle juristische Auseinandersetzung in Kauf nehmen», zitiert daraus der «Tages-Anzeiger».
Dessen Verlag Tamedia hat das Interview der Konkurrentin gesehen: «Wir konnten in der Fassung des CH-Media-Journalisten keine aus dem Kontext gerissenen Aussagen erkennen», heisst es. «Dieser Vorwurf trifft hingegen auf die umgeschriebene Ruag-Fassung zu.»
«Liefert doch dieses Zeug in die Ukraine»
Dass Beck nun trotzdem um ihren Job fürchten muss, hat sich die Managerin selbst zuzuschreiben. Sie nimmt am 2. Mai an einer Diskussion teil, die unter dem Motto steht «Die Schweizer Neutralität – welche Entscheide braucht es für unsere Sicherheit?». Ein Video der Veranstaltung, das Becks Aussagen ungefiltert festhält, ist online.
Beck redet sich dabei um Kopf um Kragen. Sie fordert dazu auf, Schweizer Recht zu brechen. «Deutschland oder Spanien, liefert doch dieses Zeug in die Ukraine», sagt sie. Und weiter: «Sie verlangen von uns, dass wir unser Gesetz brechen. Aber sie könnten.» Konsequenzen würde es keine geben, deutet sie an: «Was würden wir tun? Nichts.»
Dass sich die CEO des bundeseigenen Schweizer Rüstungskonzerns derart benimmt und äussert, stösst auf breiter Front auf Kritik. Von einem «neuerlichen Lapsus» spricht der Präsident der Sicherheitspolitischen Kommission (SIK) des Nationalrates: Mauro Tuena nennt Becks Podium-Aussagen «hochgradig illoyal».
«Die Ruag-Chefin muss gehen»
Sollte sich dieses Verhalten wiederholen, müsse sie zurücktreten, sagt er zu «Watson»: «Sie hat den letzten Zwick an der Geissel.» Auch der Präsident der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerats ist sauer. «Frau Beck soll sich auf ihre Aufgabe als CEO der Ruag konzentrieren und sich nicht politisch äussern», meint SVP-Ständerat Werner Salzmann.
Kopfschütteln gibt es auch wegen des zurückgezogenen Interviews. «Von einer Direktorin eines bundesnahen Betriebs», ätzt Matthias Aebischer, «die rund 700'000 Franken im Jahr verdient, erwarte ich, dass sie auch in der Kommunikation in der obersten Liga spielt.» Dass Beck anschliessend firmenintern noch Öl ins Feuer giesse, erstaune den SP-Nationalrat der parlamentarischen Gruppe «Journalismus in der Demokratie».
Dass sie weiter offen zum Rechtsbruch aufrufe, findet Aebischer «allerhand», so der «Tages-Anzeiger». Mitte-Nationalrat Alois Gmür nennt das Verhalten «ungeschickt und unprofessionell» – und die Auns-Nachfolgerin Pro Schweiz fordert: «Die Ruag-Chefin muss gehen.»
Der Ruag-Verwaltungsrat ist «über die aktuelle Situation nicht glücklich», bekundet deren Präsident Nicolas Perrin. Welche Konsequenzen daraus gezogen werden, wird sich bald zeigen.