Mobbing und Sexismus Heftige Vorwürfe gegen die Schweizer Nationalbank

jka

24.9.2020

Ehemalige und aktuelle Angestellte der SNB berichten von Vorfällen, die sie als «klares Mobbing» bezeichnen. 
Ehemalige und aktuelle Angestellte der SNB berichten von Vorfällen, die sie als «klares Mobbing» bezeichnen. 
Bild: Keystone

Mobbing, Sexismus und Lohndiskriminierung: Aktuelle und ehemalige Mitarbeiterinnen berichten über gravierende Missstände bei der Schweizer Nationalbank. Diese weist allgemeine Vorwürfe zurück. 

Acht von zehn Führungsposten werden bei der Schweizer Nationalbank (SNB) durch Männer besetzt. Dass dem so ist, liegt auch an der von Sexismus geprägten Firmenkultur der Notenbank, wie aktuelle und ehemalige Angestellte sowie Bewerberinnen gegenüber der «Republik» angeben. 

Teilweise gestützt von E-Mails, Gesprächs­protokollen und Lohn­abrechnungen berichten sie von der «steinzeitlichen» und «autoritären» Unternehmenskultur, die in der SNB vorherrsche.

Die Rede ist unter anderem von Sexismus. So würden sexistische Bemerkungen im Arbeitsalltag toleriert. Eine ehemalige SNB-Mitarbeiterin erzählt, wie ihr damaliger Vorgesetzter ihr erklärt habe, wofür ihre Geschlechtsorgane gut seien. Eine andere sagt, wie sie beim Bewerbungsgespräch nach der familiären Situation gefragt worden sei.  

Weitere voneinander unabhängige Quellen berichten darüber, wie weibliche Angestellte am Arbeitsplatz derart unter Druck gestellt worden seien, dass sie diesen tränenüberströmt verlassen hätten. 

Frauen sprechen von «klarem Mobbing»

Laut einer langjährigen Mitarbeiterin haben es Männer bei der SNB in Sachen Beförderung leichter als «sehr gut qualifizierte» Frauen. Sie selbst sei bei einem gemeinsamen Projekt von einem fachlich weniger gut qualifizierten Arbeitskollegen ausgebremst worden. Dieser habe ihre Arbeit sabotiert. 

Als sie die Sache bei den Vorgesetzten meldete, stiess die Ökonomin auf taube Ohren, wie sie der «Republik» erzählt. Ihr sei geraten worden, sich zusammenzureissen. Schliesslich sei sie als emotional bezeichnet worden und habe abfällige Kommentare zu ihrem Auftreten hinnehmen müssen. 

Weitere Frauen berichten von ähnlichen Erfahrungen mit Arbeitskollegen und bezeichnen diese als «klares Mobbing». 

Doch damit nicht genug, auch Fälle von Lohndiskriminierung werden publik. Eine Quelle gibt an, erst nach Jahren bemerkt zu haben, dass ihr ähnlich qualifizierte Kollege die ganze Zeit über deutlich mehr verdient habe als sie. 

Vorwürfe richten sich auch an SNB-Chef Jordan

Schliesslich richten sich einige Vorwürfe auch gegen den SNB-Chef selbst. So wird Thomas Jordan von einer Informantin als «Mr. Konservativ» bezeichnet, der mit uneingeschränkter Macht herrschen würde. Auch befördere er Leute mit einer «gewissen» politischen Grundhaltung.

Eine Quelle gibt denn auch an, beim Vorstellungsgespräch nach ihrer politischen Haltung zur SNB-Anlagepolitik befragt worden zu sein. Die Frau sagt, zurückhaltend geäussert zu haben, dass man Anlage­politik «überdenken» könne. Kurze Zeit später sei die Job-Absage gekommen.

Unabhängig davon, ob die Absage mit der Antwort der Frau zu tun gehabt hat, ist die Frage nach der politischen Meinung in diesem Beispiel nicht zulässig, wie ein Fachanwalt für Arbeitsrecht gegenüber der «Republik» klarstellt. 

SNB dementiert Vorwürfe 

Die SNB ihrerseits weist die im Artikel allgemeinen Vorwürfe entschieden zurück. Diese würden sich nicht mit dem Kenntnisstand der SNB decken. So gebe es keine systematische Lohndiskriminierung. In Bezug auf die Schilderungen zu Mobbing- oder Sexismus-Vorfällen gibt die Notenbank an, solche Vorkommnisse wären «inakzeptabel».

Entsprechende Meldungen würden allesamt rigoros aufgearbeitet und überprüft. Auf die konkreten Beispiele geht man bei der SNB nicht ein. Das offizielle Aufsichtsorgan der SNB, der Bankrat, verzichtet auf eine eigene Stellungnahme. Man habe jener der SNB nichts hinzuzufügen. 

Nicht auszuschliessen ist, dass Sache schon bald Bundesbern beschäftigen wird. Mehrere Politikerinnen und Politiker sollen angekündigt haben, den Fall im Parlament zur Sprache bringen zu wollen. 

So etwa Grünen-Ständerätin und Präsidentin der Geschäfts­prüfungs­kommission (GPK) Maya Graf. Ihrer Meinung nach müssten nun sowohl die SNB als auch der Bankrat aktiv werden. «Die dokumentierten Missstände müssen untersucht und behoben werden.» 

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