Kritik an ÖV-Tarifen «Um ein Billett zu kaufen, braucht es einen Pilotenschein»

tsha

23.12.2019

Ein Zug der BLS: Im Berner Oberland gilt seit Kurzem ein neues Tarifsystem.
Ein Zug der BLS: Im Berner Oberland gilt seit Kurzem ein neues Tarifsystem.
Bild: Keystone

Nach einer Tarifreform im Berner Oberland ertönt ein Aufschrei: Auf einzelnen Strecken sorgt die Neuordnung für massive Preisanstiege. Kein Einzelfall, so ÖV-Experten.

Ingesamt 17 regionale Tarifverbünde gibt es in der Schweiz – eine Vielfalt, die nicht immer leicht zu durchschauen ist. Wer im ÖV-Tarifdschungel den Überblick behalten will, muss sich gut informieren. Vor allem dann, wenn er in einem Gebiet unterwegs ist, das er normalerweise nicht bereist. Für Karin Blättler, Präsidentin von Pro Bahn, ist der aktuelle Zustand «unhaltbar»: «Um heute ein Billett zu kaufen, braucht es oft einen Pilotenschein», so Blättler gegenüber SRF. «Wir verlangen, dass endlich eine einzige Preisstruktur für die ganze Schweiz eingeführt wird.»

Neu ist das Problem nicht. Eine Tarifreform im Berner Oberland zeigt nun aber nach Ansicht von Kritikern, dass es höchste Zeit sei für Veränderungen. Denn der neue Tarifverbund Libero sorgt bei ÖV-Nutzern für Unmut. So sind die Kosten für Billets für manche Nutzer im Zuge der Reform deutlich gestiegen. Ein Zonen-Abonnement für die Strecke von Thun nach Gümligen koste neu 2'660 Franken, so SRF. Bislang schlug ein Strecken-Abonnement, das es heute nicht mehr gibt, für dieselbe Strecke mit 1'815 Franken zu Buche – eine Steigerung von fast 50 Prozent. 

«Preise sind insgesamt gesunken»

Urs Bloch, Mediensprecher vom Tarifverbund Libero, bestätigt die Preissteigerungen, weist die Kritik aber zurück: «Mit der Einführung der Libero-Tarife sind die Preise insgesamt gesunken, auch wenn wir auf einigen Strecken grosse Preissteigerungen haben.»

Für den Preisüberwacher Stefan Meierhans ist die Aufregung im Berner Oberland kein Einzelfall, sondern Anzeichen für ein generelles Problem im Schweizer Tarifsystem: «Die 17 Schweizer Tarifverbünde haben sich über die Jahre immer weiter ausgedehnt, so dass sie sich heute an vielen Stellen sogar überlappen», sagt er.

Die Verantwortlichen haben das Problem erkannt und versprechen Abhilfe. So sollen die Preise für den ÖV in der Schweiz künftig von der neugegründeten Alliance Swisspass festgelegt werden. Deren  Geschäftsführer Helmut Eichhorn gibt allerdings zu bedenken, dass der ÖV in der Schweiz «stark defizitär» sei und subventioniert werde.

«Auf der anderen Seite sind unzählige Transport- und Verkehrsbetriebe involviert. Und all diese Interessen müssen wir unter einen Hut bringen.» Die vielen verschiedenen Tarif-Angebote sieht aber auch eher als problematisch an: «Hier müssen wir selbstkritisch mit uns umgehen und auch besser informieren», so Eichhorn gegenüber SRF.

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