Ausgepumpt Unia kritisiert Arbeitsbedingungen bei Nespresso

sda

11.2.2020

Nespresso-Werbung in Spanien.
Nespresso-Werbung in Spanien.
Bild: Keystone

Wer in der Westschweiz für Nespresso arbeitet, hat nichts zu lachen – das zumindest meint die Gewerkschaft Unia mit Blick auf das fordernde Schichtsystem.

Die Arbeitsbedingungen in den drei Westschweizer Produktionsstätten von Nespresso in Orbe, Avenches und Romont haben sich in den vergangenen Monaten stark verschlechtert, wie die Gewerkschaft Unia am Dienstag vor den Medien in Lausanne erklärte.

Eine Unia-Umfrage beim Personal hat ergeben, dass Stress und Erschöpfung bei den Nespresso-Beschäftigten an den drei Standorten in den letzten Monaten einen Höchststand erreicht haben.

Neben der chronischen Unterbelegung und einer hohen Fluktuationsrate sehen die Angestellten die Ursache für die Verschlechterung der Arbeits- und Lebensbedingungen in der Einführung des Vier-Schicht-Betriebes von viermal acht Stunden.

Starke Arbeitsbelastung

Um eine durchgehende Produktion während sieben Tagen pro Woche rund um die Uhr gewährleisten zu können, arbeiten die Angestellten laut Unia einmal im Monat bis zu 58 Stunden in der Woche und an zwei Wochenenden im Monat 12 Stunden am Stück, ohne je mehr als zwei Tage hintereinander frei zu haben.



Diese Arbeitsorganisation führt laut den Befragten zu Erschöpfung und Stress und verunmöglicht, das Berufs- und Privatleben miteinander in Einklang zu bringen.

Die Gewerkschaft fordert daher im Namen der Beschäftigten die Rückkehr zu weniger gesundheitsschädigenden Arbeitszeiten und damit verbunden die Verminderung von Stress. Unia verlangt zudem, dass das Arbeitsmedizinische Institut (IST) der Universität Lausanne beauftragt wird, eine Analyse der Situation durchzuführen.

Beschwerde an Arbeitsaufsichtsbehörden

Ausserdem müsse Nespresso als Arbeitgeber die Koalitionsfreiheit respektieren und die Gewerkschaftsdelegierten anerkennen, heisst es von der Unia. Die Frage der Anerkennung der Unia als Sozialpartnerin sei seit mehreren Jahren hängig. Das sei inakzeptabel.

Angesichts des fehlenden Willens und der Verzögerungstaktik der Unternehmensleitung hat die Unia nach eigenen Angaben beschlossen, die in den Produktionsstätten herrschenden Probleme an die zuständigen Arbeitsaufsichtsbehörden zu melden. Entsprechende Beschwerden würden derzeit erarbeitet. Die Gewerkschaft und die Beschäftigten erwarten vom Unternehmen "eine rasche und angemessene Reaktion auf die dargelegten Probleme".

Nespressos Stellungnahme

In einer schriftlichen Stellungnahme teilte Nespresso gegenüber der Nachrichtenredaktion Keystone-SDA mit, dass die Neugestaltung der Arbeitszeiten nach einer Konsultation der Beschäftigten der drei Fabriken und ihrer Vertreter erfolgt sei. Zwischen Nespresso und Vertretern der Beschäftigten sei ein entsprechender Vertrag unter Berücksichtigung der beiderseitigen Vorstellungen geschlossen worden.

Das Unternehmen wies zudem darauf hin, dass Ende Januar 2020 einige konkrete Massnahmen für eine bessere Vereinbarkeit von Arbeit und Freiheit der Beschäftigten ergriffen worden seien. Die Massnahmen seien vom Personal gut aufgenommen und geschätzt worden. So sei die Flexibilität gestiegen, damit die Beschäftigten mehr Erholungszeit am Abend und an den Wochenenden nehmen könnten.

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