Schwacher US-DollarWar's das mit der globalen Leitwährung?
mmi
25.7.2023
Der US-Dollar ist im Kurstief. Und am Mittwoch dürfte die Entwicklung mit einer vorerst erwarteten Leitzinserhöhung der amerikanischen Notenbank verstärkt werden. War's das mit der globalen Leitwährung?
mmi
25.07.2023, 23:55
mmi
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Der US-Dollar hat im Vorjahresvergleich um fast 10 Prozent an Wert eingebüsst.
Die erwartete vorerst letzte Zinserhöhung der US-amerikanischen Notenbank FED dürfte den Sinkflug der globalen Leitwährung noch verstärken.
Doch im Langzeitvergleich reiht sich der aktuell tiefe US-Dollar-Kurs im Mittelfeld ein.
Dass die globale Leitwährung durch die Entwertung entmachtet werden dürfte, ist jedoch unwahrscheinlich.
Der US-Dollar scheint angeschlagen. Zumindest lässt der anhaltende Sinkflug der globalen Leitwährung das vermuten: Am Dienstag kostete ein Dollar noch knapp 87 Rappen.
Im Vorjahresvergleich musste man am 25. Juli 2022 noch 96 Rappen für einen Dollar hinblättern.
Und: Gemäss Finanzprognosen der UBS-Analysten soll sich der US-Dollar noch weiter auf Talfahrt begeben. In einigen Medien wird deshalb bereits das Ende der US-Dollar-Dominanz besiegelt.
Was an dieser Prognose dran ist, welche Alternativen es zum US-Dollar gibt, was der tiefe Dollarkurs für die Schweizer Wirtschaft bedeutet und warum er überhaupt zur Weltwährung avancierte – blue News hat versucht, die wichtigsten Fragen zu klären.
Warum wird der US-Dollar schwächer?
Der wohl wichtigste Grund für die aktuelle Dollarschwäche sind die Zinserwartungen. Vor knapp einem Jahr hat die US-amerikanische Notenbank damit begonnen, die Zinsen zu erhöhen, um der steigenden Inflation entgegenzuwirken.
Und für Mittwoch steht der nächste Zinsentscheid an. Marktteilnehmer gehen davon aus, dass FED-Chef Jerome Powell den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte anheben wird – vorerst ein letztes Mal. Denn die grösste Volkswirtschaft der Welt hat die Inflation rascher in den Griff bekommen, als erwartet. Im Gegenzug dürften andere Länder ihren Leitzins wohl nochmals anheben und womit die Zinsphantasie des US-Dollars verpuffen würde. Sprich: Andere Währungen werden attraktiver.
Laut Devisenhändlern kommt dazu, dass die Hoffnung auf ein Ende der Zinserhöhungen zusammen mit den enttäuschenden Konjunkturzahlen zu höheren Anleihekursen und damit zu tieferen Kapitalmarktzinsen in den USA geführt habe. Damit fliesse aus dem Dollar tendenziell Kapital ab. Ein zuletzt instabiler Bankensektor sowie die geschmälerten Wachstumserwartungen wirken erodierend auf den Dollarkurs.
Was bedeutet der schwache US-Dollar für die Schweizer Wirtschaft?
Ein schwacher Dollar beziehungsweise starker Franken bedeutet weniger gute Nachrichten für Branchen wie den Tourismus (Schweiz-Ferien verteuern sich merklich im Vergleich zu Ferien im Ausland) oder die Pharma-, Uhren- oder Maschinenindustrie: alles Branchen mit hohen Umsatzanzeilen im Dollarraum. Das bedeutet demnach, dass die betroffenen Unternehmen Kosten sparen müssen, wollen sie ihre Produkte und Dienstleistungen exportieren und international konkurrenzfähig bleiben.
Wie ist der aktuelle Dollarkurs über die Zeit einzuordnen?
Die aktuelle Dollarschwäche reiht sich, längerfristig betrachtet, im Mittelfeld ein. Seit der Einführung der flexiblen Wechselkurse in den 1970er-Jahren kamen die Jahre 1985 bis 1995 und 2001 bis 2011 einem Dollarzerfall gleich. Im August 2011 etwa fiel der Dollar zuletzt deutlich unter 80 Rappen. Seither verhält sich der Dollar gegenüber dem Franken mehrheitlich stabil.
Warum ist der US-Dollar überhaupt die Weltwährung?
In vielen Ländern rund um den Globus wird viel Geld vor allem in Form von Dollar aufbewahrt, meistens mithilfe von Wertpapieren wie Staatsanleihen. Besitzer dieser Reserven sind in erster Linie die Notenbanken, aber auch Privatfirmen und Sparer, die vielleicht in die eigene Landeswährung nicht so viel Vertrauen haben. Auch Edelmetalle wie Gold oder Rohstoffe wie Rohöl werden meist in Dollar gehandelt. Das bedeutet, vereinfacht gesagt: Mit jeder Feinunze Gold und jedem Fass Öl, das gefördert wird, werden quasi weitere Dollars aus dem Boden geholt – die Bedeutung der Leitwährung nimmt angesichts des Weltwirtschaftswachstums zu.
Nach dem Zweiten Weltkrieg bis in die 70er-Jahre galt ein System fester Wechselkurse, das sogenannte Bretton-Woods-System. Dessen zentraler Bestandteil war, dass einzig der US-Dollar in Gold umgewandelt werden konnte. Dem lag das Versprechen der US-Regierung zugrunde, dass jeder Dollar, der von ihr in Form von Banknoten oder Schulden (Staatsanleihen) ausgegeben wurde, durch eine entsprechende Menge Gold in den Tresoren der US-Notenbank gedeckt sein würde. Aus diesem Grund waren auch die Notenbanken anderer Länder gezwungen, entsprechende Goldreserven zu halten.
Im Laufe der Zeit hat sich die USA zum grössten Kapitalmarkt entwickelt. Geschäfte in Dollar, egal, ob an der Börse, in Unternehmen oder mit Konsumenten, sind von ihrer Grössenordnung her oft am wichtigsten. Was sich in Amerika verkaufen lässt, findet über die weltweiten Handelswege auch in der übrigen Welt leicht seine Abnehmer.
Welche Alternativen gibt es zum US-Dollar?
Neben dem US-Dollar spielen das britische Pfund, der Schweizer Franken, der japanische Yen sowie die chinesische Währung Yuan eine wichtige, wenn auch untergeordnete Rolle. Das liegt daran, dass der chinesische Kapitalmarkt zwar inzwischen sehr gross ist, aber ausländischen Investoren nur sehr begrenzt offensteht. Denn nur eine frei verfügbare und gut handelbare Währung kann zu einer globalen Leitwährung aufsteigen. Dass der Dollar demnach als weltweite Leitwährung entmachtet wird, davon gehen bis jetzt nur die wenigsten Analysten aus.