Chinesischer Tech-Riese Warum hat Washington Angst vor Huawei?

Michael Balsamo und Eric Tucker, AP

29.1.2019

Die US-Staatsanwaltschaft legt Huawei zur Last, über eine Firma mit der Bezeichnung Skycom in Hongkong Geschäfte im Iran getätigt zu haben.
Die US-Staatsanwaltschaft legt Huawei zur Last, über eine Firma mit der Bezeichnung Skycom in Hongkong Geschäfte im Iran getätigt zu haben.
Andy Wong/AP/dpa

Huawei ist ein führender globaler Telekommunikationsausrüster, dessen Geschäfte die Beziehungen zwischen Peking und Washington belasten.

Seit rund einem Jahrzehnt wehrt sich der Marktführer von Technologien für Telefon- und Internetanbieter bereits gegen Anschuldigen aus den USA, denen zufolge Huawei für China spionieren soll. Auch Australien und Japan schränkten die Nutzung von Technologie aus dem Hause Huawei ein. Ein Blick auf den Konzern und die mit ihm in Zusammenhang stehenden Kontroversen:

Was ist Huawei?

Der Konzern wurde 1987 von dem ehemaligen Militär-Ingenieur Ren Zhengfei gegründet. Huawei steht an der Spitze einer Branche, die Peking, in dem Bestreben unterstützt, aus China eine Technologie-Nation zu machen. Der Erfolg macht Huawei im eigenen Land zu einem Vorbild, international steht der Konzern jedoch im Zentrum der Kontroverse um die Technologie-Ambitionen der chinesischen Regierung.

2017 war Huawei der weltweite Marktführer beim Verkauf von Netzwerkausrüstungen. Der Konzern statte 45 der 50 führenden Telefonanbieter mit seiner Technik aus, sagte Huawei. Verträge mit 30 Anbietern seien für Tests seiner neuen Technologie geschlossen. Auch von Huawei seit 2010 entwickelte Smartphones sind erfolgreich. 2018 lagen sie hinter Samsung-Handys auf Platz 2 der meistverkauften Smartphones – vor dem iPhone.

Der weltweite Umsatz von Huawei soll 2018 nach Prognose des Konzerns über 100 Milliarden Dollar (87 Milliarden Euro) liegen. Für 2019 liegt die Umsatzerwartung bei 125 Milliarden Dollar. Der Hauptsitz des Konzerns befindet sich in Shenzhen, nahe der Sonderverwaltungszone Hongkong.

2017 erhielt Huawei von der chinesischen Regierung ein Budget von 89,7 Milliarden chinesischen Yuan (rund 11,6 Milliarden Euro) für Forschung und Entwicklung. Das sind zehn Prozent mehr Geld, als dem US-Konzern Apple zur Verfügung stehen.

Huawei ist der Regierung noch wichtiger als sein kleinerer Rivale ZTE Corp., der in der Vergangenheit wegen Exporten in den Iran und nach Nordkorea von den USA mit Sanktionen belegt worden war.

Meng Wanzhou ist die Finanzchefin von Huawei und Tochter des Firmengründers.
Meng Wanzhou ist die Finanzchefin von Huawei und Tochter des Firmengründers.
Huawei/AP

Was sind die Kontroversen im Zusammenhang mit Huawei?

Die US-Staatsanwaltschaft warf Huawei am Montag vor, gegen von den USA gegen den Iran verhängte Sanktionen verstossen zu haben. Der Konzern habe über eine in Hongkong ansässige Briefkastenfirma Geschäfte mit Teheran gemacht. Auch soll Huawei Betriebsgeheimnisse von US-Unternehmen gestohlen haben. Huawei bestritt am Dienstag die Vorwürfe. Im Zusammenhang mit den mutmasslichen Geschäften mit dem Iran war die Finanzchefin des Konzerns, Meng Wanzhou, am 1. Dezember in Kanada festgenommen worden.

US-Warnungen vor Huawei erregten bereits 2012 Aufmerksamkeit. In einem Bericht des Kongress wurde amerikanischen Mobilfunkanbietern damals abgeraten, mit Huawei oder ZTE Geschäfte zu machen. Im gleichen Jahr verbot auch Australien den beiden chinesischen Konzernen, am Wettbewerb um ein geplantes nationales Breitband-Netzwerk teilzunehmen. Japans Amt für Cybersicherheit stufte Huawei im vergangenen Monat als riskant ein. Huawei-Technologie dürfe nicht von der japanischen Regierung erworben werden.

Auch der EU-Politiker Andrus Ansip meldete vergangenes Jahr Bedenken an, weil chinesische Technologiekonzerne mit den lokalen Geheimdiensten kooperieren müssten. Das könne zum Abhören von Computer- und Telekommunikationssystemen führen.

Das chinesische Aussenministerium sagte, die Sicherheitsbedenken seien unbegründet und würden von ausländischen Regierungen vorgebracht, um ihre eigenen Konzerne vor der chinesischen Konkurrenz zu schützen.

Wie verteidigt sich Huawei gegen die Anschuldigungen?

Huawei wehrt sich gegen die Vorwürfe, von der Kommunistischen Partei Chinas kontrolliert zu sein und streitet ab, seine Produkte so zu modifizieren, dass diese zur Spionage eingesetzt werden könnten.

Seit der Verhaftung von Meng Wanzhou bemüht sich der Konzern sichtlich, die Sicherheitsbedenken zu entkräften. Der Firmengründer, der nur selten in der Öffentlichkeit auftritt, gab am 15. Januar ausländischen Journalisten ein Interview. Huawei würde Regierungsanfragen zur Preisgabe von Daten verweigern, sagte Ren den Journalisten. In einem weiteren Interview, das der derzeitige Huawei-Vorsitzende Ken Hu im Dezember gab, forderte Huawei Washington auf, Beweise für die mutmasslichen Sicherheitsrisiken vorzulegen.

Der Konzern erlaubte kürzlich zum ersten Mal ausländischen Pressevertretern den Besuch einiger seiner Forschungseinrichtungen. In Grossbritannien, Kanada und Deutschland hat Huawei Labore eingerichtet, in denen die jeweilige Regierung Sicherheitstests an Soft- und Hardware von Huawei durchführen kann.

Was ist Huaweis Rolle bei neuartiger Telekommunikationstechnologie?

Huawei gilt zusammen mit dem finnischen Unternehmen Nokia und dem schwedischen Unternehmen L. M. Ericsson als Vorreiter in der Entwicklung des neuen 5G-Mobilfunkstandards.

Die neue Technologie soll die Reichweite von Mobilfunknetzwerken vergrössern. Zudem soll sie in selbstfahrenden Fahrzeugen, internetbasierten medizinischen Geräten und Fabrikzubehör zum Einsatz kommen. Diese sensiblen Einsatzbereiche erfordern Vertrauen in den Hersteller, Sicherheitslücken könnten verheerend sein.

Deutschland, Frankreich, Italien, Indien, Singapur, Südkorea und Irland wollen die neue 5G-Technologie testen. Der Informationsdienst IHS Markit erwartet, dass das Geschäft mit 5G-Netzwerkausrüstung bis 2022 mehr als elf Milliarden Dollar Gewinn pro Jahr einbringen könnte.

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