GerichtsverhandlungWirecard Manager hatte vor lauter Betrügen keine Zeit mehr für ehrliche Geschäfte
SDA, smi
19.1.2023 - 15:31
Die Gerichtsverhandlung gegen Mitarbeiter von Wirecard gehen weiter. Ein Manager des unter mit gigantischen Scheingeschäften konkurs gegangenen Finazdienstleisters berichtete Erstaunliches.
19.01.2023, 15:31
19.01.2023, 15:35
SDA, smi
Seine Beteiligung am mutmasslichen Wirecard-Milliardenbetrug hat dem Kronzeugen Anklage nach eigenen Worten 4,8 Millionen Euro eingebracht. Diese Summe hat der von 2013 bis 2020 in Dubai tätige Manager Oliver Bellenhaus demnach als Einmalzahlung erhalten; aus Firmengeldern abgezweigt und an der Gehaltsbuchhaltung vorbei.
Sein ursprüngliches Monatsgehalt von 13'000 Euro war dem Manager nicht genug. «Das Gehalt, das ich bei Wirecard bezogen habe, war meiner Position lange nicht angemessen», sagte Bellenhaus am Donnerstag vor der vierten Strafkammer des Landgerichts München I.
Bis zum Zusammenbruch des Skandalkonzerns war Bellenhaus Geschäftsführer der Tochtergesellschaft Cardsystems Middle East in Dubai. Inzwischen sitzt er seit mehr als zweieinhalb Jahren in Untersuchungshaft.
Schwarze Einmalzahlung statt Lohnerhöhung
Bellenhaus verlangte nach eigener Aussage eine Gehaltserhöhung, ihm schwebten 900'000 bis 950'000 Euro Jahresgehalt vor. Der Vertriebsvorstand Jan Marsalek habe das abgelehnt – und stattdessen eine «einmalige Sonderzahlung» von 4,8 Millionen Euro vorgeschlagen. Das Geld legte Bellenhaus in einer Stiftung in Liechtenstein an.
Die Verteidiger des früheren Vorstandschefs Markus Braun haben Bellenhaus beschuldigt, dreistellige Millionenbeträge aus dem Konzern abgezweigt zu haben. Das wies Bellenhaus mehrfach zurück. Auch Wirecard-Aktien habe er nicht besessen: «Das wäre ein schlechtes Investment gewesen.»
In den Betrug rutschte er nach eigener Darstellung über Jahre schrittweise hinein, wollte sich aber nicht absetzen oder der Staatsanwaltschaft stellen: «Wenn ich irgendwo reingegangen bin, bin ich noch nie rückwärts rausgegangen und habe geweint.»
Riesige Scheingeschäfte
Über Dubai lief bei Wirecard ein grosser Teil der Scheingeschäfte mit erfundenen Zahlungsdienstleistungen. Im Laufe der Jahre wurde nach Bellenhaus' Worten der Aufwand bei der Erfindung von Scheinumsätzen so gross, dass echtes Geschäft kaum mehr möglich war: «Dafür gab's auch keine Zeit mehr, sich mit Kunden zu beschäftigen.»
Bellenhaus steht seit Dezember gemeinsam mit dem früheren Vorstandschef Markus Braun und dem ehemaligen Chefbuchhalter vor Gericht. Sie sollen laut Anklage seit 2015 die Bilanzen des Zahlungsdienstleisters gefälscht und kreditgebende Banken um 3,1 Milliarden Euro geprellt haben.
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