Keine üble Nachrede gegen ETH-Professor Zürcher Richter spricht «Republik»-Journalisten frei

paja, sda

25.4.2023 - 18:24

Ein Journalist des Onlinemagazins Republik wurde vor Gericht freigesprochen. (Archivbild)
Ein Journalist des Onlinemagazins Republik wurde vor Gericht freigesprochen. (Archivbild)
KEYSTONE/GAETAN BALLY

Ein Zürcher Einzelrichter hat einen «Republik»-Journalisten unter anderem vom Vorwurf der üblen Nachrede freigesprochen. Ein ETH-Professor hatte sich durch einen Artikel diskreditiert gefühlt.

paja, sda

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Einem «Republik»-Journalisten wurde vorgeworfen, ehrverletzend über einen Professoren der ETH berichtet zu haben
  • Der Hochschullehrer fühlte sich durch den Artikel diskreditiert
  • Das Zürcher Gericht hat den Journalisten nun freigesprochen
  • Ein Zivilprozess wird auf den Freispruch folgen

Der Streit zwischen einem «Republik»-Journalisten und einem ETH-Professor wurde vorerst vor Gericht geklärt. Letzterer hatte sich gegen einen Artikel gewehrt. Nun wurde der Journalist freigesprochen. Denn er hatte sich für einen Artikel auf einen Untersuchungsbericht der ETH gestützt.

Im Bericht seien zwar Sätze mit ehrverletzendem Charakter gestanden, sagte der Richter am Dienstag. Dies etwa zum Führungsstil des Professors und zu seinem Ruf. Doch der Journalist habe die Sätze aus dem Bericht übernehmen können, begründete der Richter sein Urteil am Bezirksgericht Zürich. Dass er aus dem Bericht selektiv zitierte, gehöre zu einer kritischen Berichterstattung.

ETH-Bericht war nie geheim

Der Bericht sei nicht geheim gewesen, wie die Anklage behauptete, so der Richter weiter. Diesen Beweis seien Staatsanwaltschaft und die ETH schuldig geblieben. Auch vom Vorwurf der Veröffentlichung amtlicher geheimer Verhandlungen wurde der Beschuldigte somit freigesprochen.

Nicht zur Anwendung könne das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb kommen, sagte der Richter weiter. Dieses betreffe Nachteile für Unternehmer, nicht Angestellte.

Klar nicht beurteilen könne das Gericht, ob der Journalist «Thesenjournalismus» verfolgt oder sich auf die ETH eingeschossen habe. «Das ist nicht Aufgabe eines Strafgerichts», sagte der Richter.

Artikel sei unausgewogen gewesen

Der Verteidiger und der Anwalt des Professors waren sich am Prozess uneinig über die Art der Vorfälle, welche dem Bericht zugrunde lagen. Für den Anwalt war es ein «gewöhnlicher Arbeitskonflikt», der Verteidiger meinte, dass ein solcher kaum einen über 150 Seiten langen Bericht zutage fördere. Der Professor hatte seiner Institutsleiterin schwere Vorwürfe gemacht, sich aber später entschuldigt.

Der Journalist habe nur negative und ehrverletzende Äusserungen aus dem Bericht zitiert, sagte der Anwalt des Professors. Positive Einschätzungen habe er weggelassen. Es sei ihm darum gegangen, seine These der unterschiedlichen Behandlung von Frauen und Männern an der ETH zu untermauern. Weil der Professor im Bericht erkennbar gewesen sei, hätten ihm berufliche Nachteile gedroht.

Journalist schwieg vor Gericht

Der Verteidiger stellte in Abrede, dass es Ehrverletzungen gab. Der Journalist habe sich auf Einschätzungen von Drittpersonen gestützt. Für den Durchschnittsleser der «Republik» sei der Professor auch nicht erkennbar gewesen. Er wurde nicht namentlich genannt und sei einer von 40 Professoren am entsprechenden Institut.

Der Journalist machte vor Gericht keine Angaben zu den Vorwürfen. Neben dem Freispruch gibt es für ihn eine Entschädigung für die Anwaltskosten über 13'000 Franken.

Es folgt ein Zivilprozess

Im «Republik»-Artikel wurde dem Professor unter anderem zur Last gelegt, Doktoranden ausspioniert und seine Institutsleiterin verbal attackiert zu haben. Auch Plagiatsvorwürfe wurden angesprochen, allerdings mit dem Hinweis, dass die ETH diese untersucht und die Vorwürfe als haltlos bezeichnet habe.

Die Staatsanwaltschaft hatte eine bedingte Geldstrafe von 140 Tagessätzen à 120 Franken gefordert. Ausserdem sollte der Journalist eine Busse von 2000 Franken bezahlen. Der Anwalt des Professors hatte neben einer Genugtuung über 500 Franken auch Anwaltskosten über 32'000 Franken geltend gemacht. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Professor und der Journalist werden sich zudem in einem Zivilprozess wieder begegnen.