Welt in Sorge Der Amazonas-Urwald in Flammen – Das müssen Sie unbedingt wissen

tsha/dpa

26.8.2019

Grosse Teile des Amazonas-Regenwalds stehen in Flammen. Wie ist die Lage im Moment, wer trägt Schuld an der Katastrophe – und was kann jeder persönlich tun? «Bluewin» klärt auf.

Wie ist die Lage aktuell?

In Brasilien wüten derzeit die schwersten Waldbrände seit Jahren. Seit Januar nahm die Zahl der Feuer und Brandrodungen im grössten Land Südamerikas im Vergleich zum Vorjahreszeitraum nach Angaben der brasilianischen Weltraumagentur INPE vom Sonntag um 82 Prozent zu. Insgesamt wurden mehr als 79'000 Brände registriert. Betroffen waren meist Flächen in Privatbesitz, aber auch in Naturschutzgebieten und Ländereien der indigenen Bevölkerung brechen immer wieder Feuer aus.

Vor allem in den Bundesstaaten Roraima, Acre, Rondônia und Amazonas im Nordwesten des Landes brennt es. Aber auch in anderen Ländern in der Region stehen Wälder in Flammen. Satellitenaufnahmen der US-Weltraumbehörde Nasa zeigen, dass auch in den Nachbarländern Peru, Bolivien, Paraguay und Argentinien zahlreiche Feuer ausgebrochen sind.

Sind Waldbrände nicht etwas Normales?

Waldbrände sind ein natürliches Phänomen, ausgelöst durch Dürre oder Blitzeinschlag. Laut einer WWF-Studie aus dem Jahr 2016 sind allerdings nur rund vier Prozent der weltweiten Waldbrände auf natürliche Ursachen zurückzuführen. «In allen anderen Fällen ist der Mensch – sei es direkt oder indirekt, sei es fahrlässig oder vorsätzlich – verantwortlich für den Brand», so die Studie.

Kundgebungen gegen Bolsonaro in der Schweiz

Wer ist verantwortlich für die Katastrophe in Brasilien?

Auch die Brände im Amazonasgebiet gehen auf menschliches Handeln zurück. Meist werden sie laut einem Bericht des Instituts für Umweltstudien im Amazonasgebiet (IPAM) von Farmern gelegt, um neue Weideflächen zu schaffen. Demnach werden vor allem dort viele Brände gelegt, wo vorher die Bäume bereits abgeholzt wurden.

Umweltschützer werfen dem rechten brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro vor, ein politisches Klima geschaffen zu haben, in dem sich Bauern zu immer mehr Abholzung und Brandrodung ermutigt sehen. Der Staatschef hat immer wieder klar gemacht, dass er die Amazonasregion vor allem mit ungenutztem wirtschaftlichen Potenzial verbindet.

Welche Folgen haben die Brände?

In Berichten über die Amazonas-Brände ist oft davon die Rede, die «Lunge der Welt» sei in Gefahr. Für Journalist und Biologe Christian Schwägerl hinkt der Vergleich nicht nur, weil die menschliche Lunge Sauerstoff – anders als Pflanzen – nicht produziert, sondern aufnimmt. Entscheidend für ihn ist aber, dass die Brände, anders als oft berichtet, die Sauerstoffproduktion der Welt nicht gefährden. 

Was nicht bedeutet, dass die Brände nicht andere, dramatische Auswirkungen haben. So zerstören die Feuer die Artenvielfalt im Amazonasgebiet und die Lebensräume indigener Völker. Und: Die Waldbrände befeuern im wahrsten Sinne des Wortes den Klimawandel. Denn Bäume entziehen der Atmosphäre CO2, das dauerhaft in ihnen gespeichert wird. Verbrennt ein Baum, setzt er die über Jahre und Jahrzehnte aufgenommene Menge an Kohlendioxid innert einiger Minuten wieder frei.

Was wird unternommen, um die Brände zu löschen?

Nachdem Bolsonaro wegen seiner zögerlichen Reaktion auf die Brände weltweit in die Kritik geraten war, schickte er am Wochenende die Streitkräfte in den Kampf gegen die Flammen. In sieben Bundesstaaten der Region sollen Soldaten bei den Löscharbeiten helfen und gegen Brandstifter vorgehen. Insgesamt stehen im Amazonasgebiet mehr als 43'000 Soldaten zur Verfügung. Israel will ein Löschflugzeug zur Unterstützung schicken. Zwei Flugzeuge der brasilianischen Luftwaffe wurden am Wochenende bereits bei den Löscharbeiten im Bundesstaat Rondônia eingesetzt.

Angesichts des Flammeninfernos wollten auch die grossen Industriestaaten nun rasche Hilfe anbieten. Mit den Ländern der Region in Südamerika werde Kontakt aufgenommen, sagte Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron beim G7-Gipfel in Biarritz. Es gehe um «technische und finanzielle Mittel». Zudem solle es auch Unterstützung bei der Aufforstung geben.

Was kann ich persönlich tun?

Die Schweizer Sektion des WWF rät, nur Produkte aus der Amazonasregion zu kaufen, die nachhaltig produziert werden. Man solle Aufmerksamkeit für das Problem der brennenden Amazons-Regenwälder schaffen und mit seiner Spende Organisationen vor Ort unterstützen. Ausserdem empfiehlt der WWF, nur «Schweizer Politiker, denen der Natur- und Klimaschutz am Herzen liegt und die bei Handelsabkommen Umwelt- und Sozialstandards einfordern», zu wählen. 

Die Tierrechtsorganisation PETA weist auf den direkten Zusammenhang zwischen Fleischkonsum und der Rodung des Amazonasgebiets hin. So würden grosse Teile des Regenwalds zestört, um Platz zu machen für Weiden, auf denen Rinder gehalten werden. Auch für die Tierfutterproduktion gehen grosse Flächen verloren. «Um wirklich nachhaltig zu leben und den Regenwald zu retten, sollten Sie also möglichst alle Fleisch- und Tierprodukte von Ihrem Einkaufszettel streichen», so PETA.

Wo brennt es derzeit sonst noch?

Die US-Weltraumbehörde NASA veröffentlicht regelmässig eine sogenannte «Feuer-Weltkarte». Darauf sind alle grösseren Brände verzeichnet, die derzeit weltweit lodern. Rote Punkte geben an, wo es brennt. Dabei steht jeder Punkt für einen Brandherd; die Grösse des Brandes gibt er nicht an.

Auf der aktuellen NASA-Karte fällt deutlich auf, dass es nicht nur im Amazonasgebiet brennt, sondern auch in weiten Teilen Zentralafrikas. Allerdings haben diese Brände einen völlig anderen Hintergrund als jene in Südamerika. Denn während die Brände in Brasilien menschengemacht sind und dramatische Folgen für die Welt zeichnen, kommen jene in Afrika ganz natürlich vor.

Bild: NASA

Dabei entzündet sich die trockene Savanne selbst, sodass abgestorbene Gräser und Büsche verbrennen und als Asche den Boden düngen. Aufgrund der Trockenheit vor Ort würde abgestorbenes Gras nur sehr langsam verrotten – die Brände hingegen beschleunigen den Vorgang und hinterlassen fruchtbare Erde, auf der nach wenigen Wochen oder Monaten neues Leben gedeiht. Im Amazonasgebiet hingegen würde es mindestens 100 Jahre dauern, bis sich die Natur nach einem Brand wieder erholt hat, so «Spiegel Online».

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