Rätselhaftes LeidenAmerikaner spricht plötzlich wie ein Ire
gbi
19.2.2023
Ein Krankheitsfall aus den USA bringt Forscher*innen ins Grübeln: Wieso entwickelte ein Mann einen zwanghaften fremden Akzent? Ihre Vermutung: das seltene Foreign Accent Syndrome.
gbi
19.02.2023, 13:25
gbi
Stell dir vor, plötzlich sprichst du mit einem fremden Akzent. Bärndütsch statt Züritüütsch, zum Beispiel. Und du kannst einfach nicht mehr damit aufhören.
So erging es einem Mann im US-Bundesstaat North Carolina. Der Mann entwickelte plötzlich einen unkontrollierbaren irischen Akzent, der immer hartnäckiger wurde und bis zu seinem Tod anhielt. Dabei sei er gar nie in Irland gewesen und habe auch keine nahe familiäre Verbindung auf die grüne Insel, wie die BBC am Freitag berichtete.
Mediziner*innen gehen von einem Fall des Foreign Accent Syndrome (FAS) aus – einer eher seltenen Erkrankung. Womöglich stehe diese in Zusammenhang mit der Krebserkrankung des Amerikaners. Der Fall sei von der Duke University in North Carolina und dem Carolina Urologic Research Center in South Carolina gemeinsam untersucht worden.
Nach Beginn der Krebstherapie tauchte der irische Akztent auf
Der betroffene Mann – der zwischen 50 und 60 Jahre alt war – litt an Prostatakrebs. Viel mehr Angaben zu seiner Person wurden nicht gemacht. Er soll in jungen Jahren in England gelebt haben, wo er auch Freunde und entfernte Verwandte habe. Diese gaben jedoch an, dass er nie mit Akzent gesprochen habe.
Die ersten irischen Anklänge seien 20 Monate nach Beginn seiner Krebstherapie aufgetreten, schreiben die Fachleute in einem Bericht für das «British Medical Journal», aus dem die BBC zitiert. Mit der Zeit sei dieser zwanghaft geworden. «Unseres Wissens nach ist dies der erste Fall von FAS, der bei einem Patienten mit Prostatakrebs beschrieben wurde, und der dritte von einem Patienten mit einer bösartigen Erkrankung.»
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Die Forschenden haben eine Vermutung, woher der fremde Akzent stammt: von einer neurologischen Störung, die mit dem Kürzel PND bezeichnet wird. Diese trete auf, wenn das Immunsystem eines Patienten Teile von dessen Gehirn angreife sowie Muskeln, Nerven und die Wirbelsäule.
Dennoch halten sie fest, dass die neurologischen Untersuchungen beim Patienten keine Auffälligkeiten im Gehirn ergeben hätten und auch keine psychiatrische Vorgeschichte bekannt sei.
Für Betroffene alles andere als amüsant
Das Foreign Accent Syndrome ist selten, wenig erforscht und für Aussenstehende kaum nachvollziehbar. Wenn eine englische Frau nach einem Schlaganfall plötzlich mit jamaikanischem Zungenschlag spricht, wirkt das unfassbar, zunächst vielleicht sogar etwas amüsant.
Wie sehr die Diagnose Betroffene belastet, zeigen die Schilderungen einer Britin im «Guardian».
Die Frau aus dem Süden Englands sprach plötzlich mit chinesischem Akzent. Zunächst fand die 35-Jährige das selbst noch witzig, doch nach einem Monat war ihr das Lachen vergangen. «Ich war noch nie in China», sagte sie der britischen Zeitung vor einigen Jahren. Am Telefon hätten sogar Freunde abgehängt, weil sie gedacht hätten, sie würde sie verschaukeln. «Es ist sehr frustrierend und ich will einfach meinen eigenen Akzent zurück», klagte die Betroffene.
Einer der ersten bekannten Fälle trug sich laut BBC 1941 in Norwegen zu. Eine junge Frau habe dort – nachdem sie von Bombensplitter getroffen worden sei – ebenfalls einen fremden Akzent entwickelt: einen Deutschen. Sie wurde daraufhin von ihren Mitmenschen gemieden, weil sie sie für eine Nazi-Spionin hielten.
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