Fazit der UN-Ozeankonferenz So schlecht steht es wirklich um unsere Ozeane 

tcar

13.6.2025 - 18:47

Bis 2030 sollen mindestens 30 Prozent der Weltmeere geschützt werden. 
Bis 2030 sollen mindestens 30 Prozent der Weltmeere geschützt werden. 
Archivbild Bild: Maxi Jonas/dpa

Fünf Tage lang haben Staaten im südfranzösischen Nizza um den Schutz der Weltmeere gerungen, weil die Ozeane unter Druck stehen. Was hat die Weltgemeinschaft erreicht?

DPA, tcar

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Vertreter von rund 170 Staaten haben im südfranzösischen Nizza auf der 3. UN-Ozeankonferenz beraten, wie man die Weltmeere besser schützen kann.
  • Plastikmüll, Klimawandel und Überfischung sorgen für immer grösseren Druck auf die Weltmeere.
  • In vielen Bereichen hat das Treffen wichtige Fortschritte gebracht.

Plastikmüll, Klimawandel, Überfischung: Die für den Planeten so wichtigen Ozeane stehen zunehmend unter Druck. Vertreter von rund 170 Staaten haben auf der 3. UN-Ozeankonferenz im südfranzösischen Nizza seit 9. Juni beraten, wie man die Weltmeere besser schützen kann.

Auch wenn das erwartete Abschlussdokument hinter den Erwartungen von Umweltschützern zurückbleiben dürfte, hat das Treffen wichtige Fortschritte gebracht. Einige zentrale Punkte der Tagung im Überblick:

Schutz der Hochsee

Die Hochsee macht etwa 60 bis 70 Prozent der Ozeane aus. Doch noch gibt es in internationalen Gewässern kaum Regelungen. Das Hochseeschutz-Abkommen, das die Vereinten Nationen vor zwei Jahren verabschiedet haben, will das ändern. Es bildet unter anderem die Grundlage dafür, um grosse Schutzgebiete auf Hoher See auszuweisen.

The ocean shields coasts, sustains biodiversity, and feeds billions. While leaders pledged to protect 30% of it by 2030, only 8.4% is protected today. We need real action that protects people and planet: www.unep.org/events/confe... #UNOC3

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— UN Environment Programme (@unep.org) 11. Juni 2025 um 20:59

Mit ihm wollen die Staaten das UN-Ziel umsetzen, bis 2030 mindestens 30 Prozent der Weltmeere wirksam zu schützen. Bisher sind lediglich gut 8 Prozent Schutzgebiete. Damit das Abkommen aber in Kraft treten kann, müssen es mindestens 60 Staaten ratifizieren. Entgegen Befürchtungen von Umweltorganisationen ist die Weltgemeinschaft diesem Ziel in Nizza deutlich näher gekommen.

Mehr als ein Dutzend Staaten ratifizierten das Abkommen zu Beginn der Konferenz. Damit fehlen bis zur 60er-Marke nur noch einige wenige Länder. Sie dürfte nach französischen Angaben spätestens im September geknackt werden. OceanCare spricht von einem «ermutigenden Fortschritt».

Kampf gegen Plastikmüll

Die eigentliche Musik spielt beim Kampf gegen Plastikmüll im August in Genf. Denn dort will die internationale Staatengemeinschaft erneut zusammenkommen, um über Abkommen zu verhandeln, das dazu verpflichten soll, die Vermüllung der Ozeane einzudämmen. Die Verhandlungen in Südkorea waren Ende vergangenen Jahres ohne Einigung zu Ende gegangen.

In Nizza schlossen sich nun 95 Staaten zusammen und forderten, die Produktion von Primärkunststoffen zu begrenzen. Sie sprachen sich zudem dafür aus, dass Länder verpflichtet werden sollten, über die Produktion, die Ein- und die Ausfuhr von diesen Stoffen Bericht zu erstatten. Im Abkommen sehen sie zudem eine Verpflichtung, schrittweise die problematischsten Plastikprodukte und Chemikalien in Plastik hinter sich zu lassen.

Researchers in Japan have developed a plastic that dissolves in seawater within hours, offering up a potential solution for a modern-day scourge polluting oceans and harming wildlife.

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— The Japan Times (@japantimes.co.jp) 6. Juni 2025 um 00:38

Greenpeace lobte den Aufruf an die weiteren Verhandlungsstaaten in Genf als «Weckruf, den die Welt braucht». «Was hier inhaltlich skizziert wird, ist ein guter Anfang und gleichzeitig das absolute Minimum, um die Plastikverschmutzung wirksam zu bekämpfen», kommentierte Florian Titze vom WWF Deutschland.

Die Staaten müssten im Zweifel auch bereit sein, mehrheitlich aber nicht einstimmig ein Abkommen zu treffen, sollten einzelne Länder in Genf weiter blockieren.

Klare Ansage zu Tiefseebergbau

Noch gibt es zwar keinen industriellen Bergbau in der Tiefsee, doch die Ideen und Vorhaben, dort vor allem sogenannte Manganknollen abzubauen, bereitet vielen Staaten grosse Sorgen. Studien wiesen bereits auf erhebliche Gefahren der Bewirtschaftung für die dortigen Ökosysteme auf. Deutschland und 36 weitere Länder wollen beim Thema Tiefseebergbau zumindest eine vorsorgliche Pause, dass also bis auf weiteres keine derartigen Projekte unterstützt werden.

Neue Brisanz hat das Thema bekommen, weil die USA unter Präsident Donald Trump mittlerweile erwägen, auch in internationalen Gewässern Tiefseebergbau zu betreiben. In Nizza stellten sich 24 Staaten entschieden gegen solche Überlegungen.

Tiefsee-Ressourcen ausserhalb nationaler Gewässer seien nach internationalem Recht das gemeinsame Erbe der Menschheit und dürften daher nur kollektiv von der Internationalen Meeresbodenbehörde ISA verwaltet werden: «Jeglicher potenzieller Tiefseebergbau in Gebieten ausserhalb nationaler Gerichtsbarkeit, der ausserhalb des internationalen Rechtsrahmens stattfindet, (...) wäre entgegen internationalem Recht.»

Mitglieder der ISA sind die Europäische Union und rund 170 Staaten, nicht jedoch die USA. Im Sommer will sich die ISA erneut zusammensetzen und über ein weltweit akzeptiertes Regelwerk für den Tiefseebergbau beraten.

Wie geht es jetzt weiter?

Auch bei zahlreichen anderen Themen ging es in Nizza voran. Deutschland will gemeinsam mit Frankreich verorten, wo genau sich Munitionsaltlasten in Ost- und Nordsee befinden; eine Staatengruppe will den Kampf gegen Lärmbelästigung im Ozean vorantreiben und die Unesco will Meeresbildung stärker fördern.

OceanCare-Geschäftsführerin Fabienne McLellan mahnt aber: UN-Ozeankonferenzen seien Prüfsteine dafür, ob die Staatengemeinschaft die selbst gesetzten Ziele zum Schutz der Meere bis 2030 erreichen könne. «Dazu gehören die messbare Reduktion der Meeresverschmutzung sowie der Übergang zu nachhaltigen Methoden in der Fischerei. Von diesen Zielen sind wir jedoch noch weit entfernt.»

Die nächste UN-Ozeankonferenz ist für 2028 geplant. Gastgeber sollen dann Südkorea und Chile sein. Neben Frankreich war in diesem Jahr Costa Rica Mitveranstalter. Zuvor hatte es bereits zwei UN-Ozeankonferenzen gegeben: 2017 in New York und 2022 in Lissabon.


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