Der Chagall kam 1933 in die Basler Sammlung.
Bildnis des Curt Glaser von Max Beckmann.
Aufnahme von der Auktion Fischer in Luzern mit dem feilgebotenen Rabbiner von Marc Chagall.
Ausstellungen zu heiklen Ankäufen des Kunstmuseums Basel - Gallery
Der Chagall kam 1933 in die Basler Sammlung.
Bildnis des Curt Glaser von Max Beckmann.
Aufnahme von der Auktion Fischer in Luzern mit dem feilgebotenen Rabbiner von Marc Chagall.
Die Jahre der Naziherrschaft von 1933 bis 1945 gelten als heikle Epoche für den Kunsthandel. Das Kunstmuseum Basel arbeitet mit Ausstellungen zur «entarteten» Kunst und Werken aus der Sammlung des Juden Curt Glaser zwei Ankaufs-Offensiven aus dieser Zeit auf.
Georg Schmidt (1896 bis 1965) war als Direktor des frisch bezogenen Basler Kunstmuseumsbaus voller Enthusiasmus, als er 1939 vernahm, dass die Nationalsozialisten die als «entartet» geächteten Werke aus den deutschen Museen aussortieren und verkaufen wollten. Er witterte die Chance, in Basel die Sammlung der Moderne auf einen respektablen Stand zu bringen, was ihm denn auch gelang.
Es sind Meisterwerke des deutschen Expressionismus, die das Museum damals mit einem Sonderkredit von 50'000 Franken ankaufen konnte: die berühmten «Tierschicksale» von Franz Marc gehören dazu, «Die Windsbraut» von Oskar Kokoschka oder der Rabbiner ("La Prise") von Marc Chagall.
21 Werke waren es, die 1939 nach Basel kamen. Acht wurden an der legendären und zugleich berüchtigten Auktion Fischer in Luzern erworben, der Rest gelangte durch direkte Vermittlung nach Basel. Hilfreich dabei war unter anderem Hildebrand Gurlitt, der Vater von Cornelius Gurlitt, der dem Kunstmuseum Bern mit der Vererbung seiner Sammlung viel Arbeit beschert hat.
Aufarbeitung eines Fluchtkunst-Falls
Bereits 1933 hatte Schmidts Vorgänger Otto Fischer bei der Versteigerung einer deutschen Sammlung zugegriffen. Es handelte sich um 200 Zeichnungen und Druckgrafiken, die der von den Nazis vertriebene jüdische Kunsthistoriker Curt Glaser an einer Auktion in Berlin veräusserte respektive veräussern musste.
Der Drang oder gar Zwang zur Veräusserung der Werke von deutschen Expressionisten, vor allem von Edward Munch, war längere Zeit Gegenstand einer juristischen Auseinandersetzung zwischen Glasers Erben und dem Kanton Basel-Stadt als vermeintlich sauberer Besitzer der Werke.
2008 liess die Basler Regierung die Erben noch abblitzen. 2017 gelang es den Erben aber, die verschlossenen Türen zu öffnen und 2020 kam es zu einer «gerechten und fairen» Einigung mit den ihnen, wie Kunstmuseumsdirektor Josef Helfenstein am Donnerstag an der Medienpräsentation der Ausstellungen sagte.
Die Erben wurden finanziell in nicht kommunizierter Höhe entschädigt, so dass die Werke -darunter eine Pinsellithographie der «Madonna» von Munch – in Basel bleiben konnten. Zudem wurde eine Ausstellung zum Schicksal des Sammlers vereinbart. Die verdrängten Erinnerungen an den Kunstfreund und Sammler solle wieder an die Oberfläche treten, wie Helfenstein sagte.
Spannende Provenienzgeschichten
Entstanden sind zwei Ausstellungen, die ab diesem Samstag nicht nur durch die gezeigte Auswahl bedeutender Werke der Moderne zu glänzen vermögen, sondern auch durch ihre spannenden Provenienzgeschichten. In beiden Fällen wurden die Werke aus der Basler Sammlung mit hochkarätigen Leihgaben ergänzt.
Bei der Ausstellung «Der Sammler Curt Glaser. Vom Verfechter der Moderne zum Verfolgten» (-12.2.23) ist dies unter anderem das berühmte Gemälde «Die grossen blauen Pferde» von Franz Marc vom Walker Art Center in Minneapolis. Oder Edvard Munchs Frühwerk «Musik auf der Karl Johan Strasse» aus dem Kunsthaus Zürich. Letzteres war ebenfalls längere Zeit Gegenstand von Diskussionen, ob es sich um Fluchtkunst handeln könnte oder nicht.
In der Ausstellung «Zerrissene Moderne. Die Basler Ankäufe 'entarteter' Kunst» (-19.2.23) lösen einige der Leihgaben Erstaunen aus: So ist schwer nachvollziehbar, warum die Nazis zum Beispiel Picassos Familienporträt «La famille Soler» von 1903 als «entartet» einschätzten. Dasselbe gilt für Paul Gauguins «Le sorcier d'Hiva Oa» von 1902. Beide Gemälde sind Leihgaben aus Lüttich.
Kunstmuseum Basel an der Spitze
Das Musée des Beaux-Arts de Liège war eines der Häuser, die bei den «entarteten» Werken gleich mehrfach zugriffen. Das Basler Kunstmuseum stand aber mit 21 Werken einsam an der Spitze der Einkäufer. Schon damals wurde eine Diskussion entfacht, was schwerer wiege: die Rettung wichtiger Kunstwerke oder der verfemte Handel mit einem Unrechtsregime.
Die Ausstellung wertet den Aspekt der Rettung als wichtig ein. Sie wirft entsprechend einen Blick auf Werke, die es nicht in ein ausländisches Museum schafften und als verschollen gelten. Einige von ihnen, die den Sprung nach Basel nicht schafften, werden als Schwarzweiss-Projektionen gezeigt.
Ein Werk am Schluss der Ausstellung hat einen besonderen Auftritt: Es handelt sich um die kleine kubistische Skulptur «Tänzerin» von der Bildhauerin Marg Moll. Das Werk, das 1937 nach der Ausstellung «Entartete Kunst» in München als verschollen galt, tauchte 2010 auf einer U-Bahn-Baustelle in Berlin im Bombenschutt wieder auf.
www.kunstmuseumbasel.ch