Durch die weltweite Verstädterung und des damit einhergehenden Baumbooms wird Sand knapp. Ein Team der Universitäten Genf und Queensland legt einen Bericht vor, wonach aus Bergbau-Abfällen gewonnener Sand das Problem entschärfen könnte.
stsc, sda
12.04.2022, 12:01
SDA
Nach Wasser ist Sand die global am meist genutzte natürliche Ressource. Ihr Verbrauch hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten auf schätzungsweise 50 Milliarden Tonnen pro Jahr verdreifacht – und die Nachfrage steigt exponentiell, insbesondere, weil die Baubranche viel Sand benötigt. Der massive Abbau natürlicher Sandvorkommen in Küstengebieten, Flüssen und Seen hat jedoch gravierende Folgen für die Umwelt.
Die Forschenden der Universität Genf und des Sustainable Minerals Institute (SMI) an der University of Queensland in Australien stellen nun das Potential einer bislang kaum genutzten Alternative vor – dem sogenannten Erzsand, wie die Institutionen am Dienstag mitteilten.
Erzsand ist ein sandähnliches Material, das bei der Gewinnung von mineralischen Rohstoffen im Bergbau als Abfallprodukt entsteht. Gemäss dem Bericht fallen derzeit schätzungsweise 30 bis 60 Milliarden Tonnen Bergbauabfälle jährlich an, was diese zum grössten Abfallstrom der Erde mache, so die Forschenden.
«Die Abtrennung und Wiederverwendung der sandähnlichen Materialien, bevor sie dem Abfallstrom zugeführt werden, würde nicht nur das Abfallvolumen erheblich reduzieren, sondern könnte auch eine nachhaltige Sandquelle schaffen», sagte Mitautor Daniel Franks gemäss der Mitteilung.
Untersuchungen an echtem Erzsand
Die Forschenden untersuchten am Beispiel des brasilianischen Konzerns Vale das Potential von Erzsand. Vale ist einer der grössten Eisenerzproduzenten der Welt. Er betreibt mehr als zwanzig Eisenerzminen in Brasilien, in denen jährlich Millionen von Tonnen Bergbauabfälle anfallen.
In den Jahren 2015 und 2019 ereigneten sich tödliche Unglücke, als es zu Dammbrüchen bei Vale-Eisenerzminen kam. Als Reaktion auf die Katastrophen verschärfte die brasilianische Regierung die Vorschriften zur Entsorgung von Bergbauabfällen.
Für die Analyse zu Erzsand entnahmen die Forschenden Proben aus einer Eisenerzverarbeitungsanlage von Vale im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais. Sie wiesen nach, dass ein Teil des Materialstroms, der sonst als Müll enden würde, als Ersatz für Sand im Bausektor sowie in der Industrie verwendet werden könnte. So wird Sand beispielsweise auch genutzt, um Glas oder Keramik industriell herzustellen.
Wenn sich diese Ergebnisse nicht nur auf Eisen-, sondern auch auf andere Mineralerze übertragen liessen, bestehe das Potenzial für eine erhebliche Verringerung der weltweiten Bergbauabfälle, so die Forschenden.
Transport zentral für Ökobilanz
Punkto Ökobilanz zeigte sich, dass Erzsand potenziell zu einer Nettoreduktion der Kohlenstoffemissionen in der Sandproduktion führen könnte. Die Forschenden betonen jedoch, dass die Emissionen massgeblich durch den Transport dominiert seien. Die Nähe und die Art des Transports von Erzsand-Produktionsstätten zu den Orten der Nachfrage spielen demnach eine wichtige Rolle hinsichtlich des Potenzials für den Klimaschutz.
Laut dem Bericht findet sich bei fast einem Drittel aller möglichen Abbaustätten für Erzsand im Umkreis von nur fünfzig Kilometer eine ausreichend hohe Nachfrage für Sand. Der Forscher Daniel Franks fügte hinzu, dass China potenziell eine Milliarde Tonne seines Sandbedarfs mit Erzsand decken könnte.
Die Ergebnisse der Studie stellte das Team auf der 5. Umweltversammlung der Vereinten Nationen (Unea) vor, wie die Universität Genf festhielt. Eine neue Uno-Resolution fordert eine Stärkung der wissenschaftlichen, technischen und politischen Kenntnisse über Sand, um globale Strategien und Massnahmen zur umweltgerechten Gewinnung und Nutzung der natürlichen Ressource zu unterstützen.
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