Nach Gletscherschmelze Tsunamiwelle schoss 193 Meter hoch - und das dürfte noch öfter passieren

uri

10.9.2018

Die zerstörerische Kraft war gigantisch: Fast unbemerkt traf im Jahr 2015 in Alaska eine gewaltige Tsunamiwelle an Land. Bis in eine Höhe von rund 200 Meter gelangte das Wasser und zog dabei eine Schneise der Verwüstung. Forscher warnen davor, dass es künftig öfter zu einem solchen Ereignissen kommen dürfte – und das womöglich auch in Touristengebieten.

Am 17. Oktober sind es drei Jahre her, dass sich im Taan-Fjord in der Icy Bay im Süden Alaskas ein gigantischer Erdrutsch ereignet hat, der einen der höchsten jemals registrierten Tsunamis verursachte. An jenem Tag lösten sich fast 200 Millionen Tonnen Gestein und stürzten innert 60 Sekunden ins Wasser.

In der Folge baute sich ein Tsunami auf, der mit bis zu 100 km/h in die Bucht hineinfegte, dabei kleinere Inseln überspülte und am Ufer grossflächig den Baumbestand abrasierte. Nach dem Auftreffen der Welle an Land schoss das Wasser nachweislich bis in eine Höhe von 193 Meter hinauf. Selbst am Ende des Fjords hatte die Welle noch eine Höhe zwischen 10 und 30 Metern, wie «Spektrum.de» berichtet.

Welle katapultierte Steine wie Patronenkugeln in Bäume

Mit welcher unbändigen Energie der Tsunami auf Land traf, zeigen auch Steine, die wie Projektile in Baumstämme geschossen wurden. An einigen Stellen wurde Sediment bis zu fünf Meter hoch aufgetürmt. Menschen kamen 2015 wohl nur deshalb nicht zu Schaden, weil die Region sehr abgelegen liegt und keine Tourismussaison war.

Kurz vor dem Erdrutsch hatten Seismologen zwar ein leichtes Erdbeben registriert, doch dieses war so schwach, dass es wohl nur als Auslöser und nicht als Ursache des Phänomens infrage kommt. Wissenschaftler um Bretwood Higman von der Umweltorganisation Ground Truth Trekking in Seldovia, unterzogen das Ereignis einer genauen Rekonstruktion. Laut ihren Ergebnissen, die sie im Fachblatt Scientific Reports veröffentlichten, dürfte der Tsunami höchstwahrscheinlich eine Folge des Klimawandels sein.

Wie die der an der Untersuchung beteiligte Forscher Dan Shugar gegenüber der Anchorage Daily News erklärte, stellte sich der Taan-Fjord vor 30 bis 40 Jahren nämlich noch komplett anders dar. Wo man heute Waser sieht, stiess man damals noch auf einen massiven Eispanzer.

Gletscher können die Berghänge nicht mehr stabilisieren

Seither hat sich der Tyndall-Gletscher aber um ganze 17 Kilometer zurückgezogen – die Gletscherzunge wurde allein zwischen 1961 und 1991 um 400 Meter dünner. Im Jahr 1991 stabilisierte sich der Gletscher zwar auf seiner jetzigen Position, doch er kann er nicht mehr als Stütze für die Hänge dienen, die durch tektonische Verschiebungen und eindringendes Wasser schon länger instabil wurden.

Die Wissenschaftler warnen nun vor den Gefahren, die ein entsprechendes Ereignis in besiedeltem Gebiet auslösen könnten. Allein in Alasaka haben sie mit Tidal Inlet und dem Glacier Bay National Park zwei Bereiche mit hohem Gefährundgspotenzial ausgemacht. 

Und die Wucht des Tsunamis von 2015 markiert auch noch längst nicht das Ende der Fahnenstange: In Lituya Bay an der nördlichen Pazifikküste Alaskas war es 1958 in einem nur zwei bis drei Kilometer breiten Fjord ebenfalls zu einem gewaltigen Erdrutsch gekommen. Die Wassermassen gelangten damals sogar bis in eine Höhe von 550 Meter. Wie durch ein Wunder überlebten vier Fischer in zwei Booten auf dem Wasser. Ein weiteres Boot und seine Besatzung verschwanden damals allerdings für immer.

Diese kleine Halbinsel liegt am Ausgang des Taan-Fjords. Die Flutwelle am 17. Oktober 2015 überspülte sie zum grössten Teil und rasierte fast den ganzen Baumbestand ab.
Diese kleine Halbinsel liegt am Ausgang des Taan-Fjords. Die Flutwelle am 17. Oktober 2015 überspülte sie zum grössten Teil und rasierte fast den ganzen Baumbestand ab.
Chris Larsen / Geophysical Institute of the University of Alaska Fairbanks
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