Navy vs. UFO «Da draussen ist was»

Von Philipp Dahm

23.5.2021

Hätte ich es allein gesehen, hätte ich vielleicht nichts gesagt: Lieutenant Commander Alex Dietrich als Navy-Pilotin.
Hätte ich es allein gesehen, hätte ich vielleicht nichts gesagt: Lieutenant Commander Alex Dietrich als Navy-Pilotin.
Screenshot: YouTube

Ein CBS-Beitrag hat in den USA für Furore gesorgt: «60 Minutes» hat mit früheren Pentagon-Mitarbeitern und Navy-Piloten über UFOs gesprochen. Insbesondere ein Vorfall von 2004 stimmt nachdenklich.

Von Philipp Dahm

23.5.2021

In den vergangenen drei Jahren ist das Phänomen UFO wieder auf der Tagesordnung – nicht zuletzt dank offizieller US-Behörden, die das Thema plötzlich ernst nehmen: Während früher etwa US-Piloten für verrückt erklärt worden sind, wenn sie Unerklärliches gesichtet und berichtet haben, ermuntern Navy und Air Force heute ihre Flieger, Derartiges zu melden.

Ein Bericht des Senders CBS hat der Sache nun erneut Auftrieb gegeben: Im TV-Format «60 Minutes» wurden mehrere frühere US-Piloten interviewt, die frei über ihre Erlebnisse berichten durften. Mitte April hatte das Pentagon sogar selbst die Echtheit von Cockpit-Aufnahmen bestätigt, die solche Unidentified Aerial Phenomena (UAP) zeigen, wie man die Unidentified Flying Objects (UFOs) heute nennt.

CBS-Reporter Bill Whitaker sprach zuerst mit Luis Elizondo, der ab 2008 im Pentagon für ein Projekt zuständig war, das sich Advanced Aerospace Threat Identification Program (ATIP) nannte. Sprich: Er sollte offiziell UAP-Sichtungen auswerten, um etwaige Bedrohungen für die nationale Sicherheit zu erkennen – immerhin kann sich hinter einem UFO auch ganz einfach eine neuartige Technik eines potenziellen Feindes verbergen.

Luis Elizondo hat von 2008 bis 2017 für das Pentagon gearbeitet.
Luis Elizondo hat von 2008 bis 2017 für das Pentagon gearbeitet.
Screenshot: YouTube

Er weiss, dass es «verrückt» klinge, womit er sich beschäftigt, sagte der ehemalige US-Militär, so Elizondo. Aber es gebe jene UAPs nun mal. «Und die Frage ist, was es ist.» ATIP setze deshalb auf Experten aus den verschiedensten Bereichen: Ingenieure, Agenten, Luftfahrt- und Elektro-Optik-Fachleute. Sie analysieren Aufnahmen, die unerklärlich sind.

Physikalisch unmögliche Flugeigenschaften

«Stellen Sie sich eine Technologie vor», verdeutlichte Elizondo, «die 600 bis 700 G aushält, 21'000 km/h schnell ist, von keinem Radar erfasst werden kann und die durch die Luft wie durchs Wasser und womöglich auch durch den Weltraum fliegen kann, die keine äusserlichen Anzeichen eines Antriebs oder Flügel hat und die den Gesetzen der Schwerkraft trotzt. Es ist genau das, was wir sehen.» [Anm. d. Red.: Trainierte Kampfpiloten ertragen eine Kraft von 9 G ein bis zwei Sekunden lang.]

Ein UAP, das der Navy im November 2004 vor die Jet-Kamera flog.
Ein UAP, das der Navy im November 2004 vor die Jet-Kamera flog.
KEYSTONE

ATIP versuche, alle Möglichkeiten auszuschliessen – etwa ob es sich um einen neuen chinesischen Marschflugkörper, einen geheimen Aufklärungsballon oder eigene, noch unbekannte Technik handele. «Aber die Tatsache, dass es sich in unserem Luftraum befindet, macht es zwingend, macht es problematisch.»

Wie das dann in der Luft aussieht, wusste Lieutenant Ryan Graves zu berichten. Der frühere Navy-Pilot hat ab 2014 regelmässig UAPs in gesperrtem Luftraum vor der Küste Virginias gesichtet. Es handelte sich um einen Kontakt, der nur auf Infrarot- und Radaraufnahmen sichtbar war. 2019 wurden in demselben Gebiet andere UAPs fotografiert, deren Authentizität bestätigt worden ist.

Navy-Pilot: «Ich weiss nicht, was es ist»

Wie oft hat der F/A-18-Pilot solche UAPs gesehen? «Jeden Tag – zumindest ein paar Jahre lang», antwortete Graves. Von einem Ereignis, das sich 2015 vor der Küste Floridas zugetragen hat, gibt es ein Video. «Wir waren einfach verblüfft davon, was wir sehen», sagte der Ex-Pilot rückblickend. Bei dem Objekt im Kameravisier ist keinerlei Antrieb erkennbar. «Ich weiss nicht, was es ist», zuckte Graves mit den Schultern – es könne alles sein.

Einfach verblüfft: Ex-Pilot Ryan Graves (links) sieht sich mit CBS-Reporter Bill Whitaker seine UAP-Aufnahmen an.
Einfach verblüfft: Ex-Pilot Ryan Graves (links) sieht sich mit CBS-Reporter Bill Whitaker seine UAP-Aufnahmen an.
Screenshot: YouTube

Den Sinneswandel auf höchster Ebene dürfte ein Vorfall ausgelöst haben, der dem Flugzeugträger USS Nimitz am 14. November 2004 vor der kalifornischen Küste passiert ist – und der von vier Piloten, Radar-Bildern und Video-Material bezeugt wird. «60 Minutes» sprach mit zwei jener Navy-Piloten, deren Aussagen fantastisch tönen.

Alex Dietrich war als Waffensystemoffizierin in einer der beiden beteiligten F/A-18 – und sprach zum ersten Mal über das Geschehene. «Ich wollte nie im Fernsehen sein», sagte Lieutenant Commander Dietrich. «Aber ich war in einem staatlichen Flugzeug, ich habe Dienst gehabt, und ich fühle mich verantwortlich dafür, zu teilen, was ich kann – jetzt da es nicht mehr geheim ist.»

«Wir sahen dieses weisse Objekt»

Ein Zerstörer im Verband, die USS Princeton, hatte ein moderneres Radar bekommen, das 2004 UAPs ortete, die «in weniger als einer Sekunde gut 24'000 Meter Höhe verloren» hätten. Zwei Jets stiegen auf, um die Sache zu untersuchen. Sie fanden ein Objekt, das so gross wie ihr eigener Kampfjet war. Das UAP schwebte in der ruhigen See – nur darunter war das Wasser weiss vor Gischt.

«Da draussen ist was»: Start einer F/A-18 von einem Flugzeugträger.
«Da draussen ist was»: Start einer F/A-18 von einem Flugzeugträger.
Archivbild KEYSTONE

Die Piloten hätten sich alle bloss angesehen und gefragt: «Was ist das?», erzählte Dave Fravor, der Commander des Nimitz-Geschwaders. «Wir sahen dieses weisse Objekt, das aussah wie ein Tic Tac. Es bewegte sich [ruckartig] über das weisse Wasser. Wir flogen näher ran.» Das Objekt, das keinen sichtbaren Antrieb oder Flügel aufwies, habe sich auf sie ausgerichtet.

Der Vorgang dauert rund fünf Minuten. «Und als es dann genau vor mir ist», endete Fravor, «verschwand es. Es war einfach weg.» Wenige Sekunden später kann die USS Princeton das Ziel wieder erfassen – in 100 Kilometer Entfernung. «Ich weiss nicht, ob ich etwas gesagt hätte, wenn ich allein geflogen wäre und das gesehen hätte», machte Fliegerin Dietrich klar. «Es klingt so verrückt, wenn ich das sage.»

Im Juni wird es spannend

«Aber sie sagen: ‹Da draussen ist was›», hakte CBS-Mann Whitaker nach – im Video zu sehen bei 9:42 Minute. Wie Dietrich dann bejaht, hat schon was. «Da ist definitiv was», schloss sich Fravor an. «Ich weiss nicht, wer es gebaut hat, wer die Technologie hat, wer die Intelligenz dazu hat, aber da draussen war etwas, was hoffentlich kein Flugzeug ist.» Das hiesse, ein Gegner hätte die USA technisch überflügelt, implizierte er damit.

Geheimhaltung aufgehoben – die Ex-Piloten Alex Dietrich und Dave Fravor (rechts) reden.
Geheimhaltung aufgehoben – die Ex-Piloten Alex Dietrich und Dave Fravor (rechts) reden.
Screenshot: YouTube

Der Vorfall wurde protokolliert – und geriet in Vergessenheit, bis Elizondo sich 2009 der Sache annahm. 2012 wurde ATIP jedoch eingestellt: Als Eilzondo 2017 aus dem Dienst ausschied, erreichte er noch die Freigabe dreier Videos, die im Internet und bei der «New York Times» für viel Furore sorgten. Durch das öffentliche Interesse hat auch das Pentagon eingelenkt und ATIP als UAP-Taskforce wiederbelebt.

Inzwischen hat auch die Politik wieder Interesse am Thema: Im Dezember haben die US-Senatoren den Geheimdienst aufgefordert, über UAPs Auskunft zu geben. Der Bericht wird im nächsten Monat fällig – und darf mit Spannung erwartet werden.

Der CBS-Beitrag hat in den USA für Staunen gesorgt – und fand Erwähnung bei «Jimmy Kimmel Live» wie auch der «Late Late Show», bei der Ex-Präsident Barack Obama zu Gast war. Dabei fielen zwei Dinge auf: Einerseits ist Donald Trumps Vorgänger der Typ Präsident, den viele um persönlichen Rat bitten. Doch andererseits drehte sich eine Frage auch um die UAPs. Hat er eine UFO-Theorie, der Herr Obama?

Der antwortete so:

«Nun, äh, wenn es um Aliens geht, gibt es einfach Dinge, die ich Euch nicht sagen kann ... Schaut: Die Wahrheit ist, dass ich danach gefragt habe, als ich das Amt übernommen habe: Gibt es das Labor, wo wir die Alien-Teile und Raumschiffe aufbewahren? Sie haben ein bisschen nachgeforscht, und die Antwort war nein. Was wahr ist, und ich meine es ernst, ist, dass es Material und Aufzeichnungen von Objekten im Himmel gibt, von denen wir nicht genau wissen, was es ist. Die wir nicht erklären können. Aber ich kann Euch heute nichts [Neues] vermelden.»

Was auch immer das heissen mag.