Experten warnen Das nächste Virus lauert im Gletscher

uri

21.10.2022

Ein Wissenschaftler hält in Sibirien einen Überrest von einem 23'000 Jahre alten Mammut in der Hand, den das schmelzende Eis im Jahr 1999 freigegeben hat. (Archiv)
Ein Wissenschaftler hält in Sibirien einen Überrest von einem 23'000 Jahre alten Mammut in der Hand, den das schmelzende Eis im Jahr 1999 freigegeben hat. (Archiv)
Bild: Keystone

Als ob Klimaerwärmung und schmelzende Eismassen nicht schon an sich beunruhigend genug wären, tut sich damit eine weitere Gefahr auf: Im Eis schlummern Viren, die künftig auf andere Arten überspringen könnten.

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Die Corona-Pandemie hat ihren Ursprung wahrscheinlich auf einem Wildtiermarkt in Wuhan. Als Träger des Coronavirus werden Marderhunde vermutet, die hier auch verkauft wurden. Eine neue Studie zeigt nun, dass auch Viren, die in schmelzenden Gletschern schlummern, künftig gefährlich werden könnten.

Ein kanadisches Forscherteam ging in seiner Untersuchung dafür der Frage nach, welches Virenmaterial sich im Gletschereis befindet und wie gross das Risiko ist, dass dieses auf den Menschen überspringt.

Für die Studie, über die das Nachrichtenportal «Watson» berichtete, führten die Forschenden eine genetische Untersuchung des Wassers und der Sedimente des von Gletschern gespeisten Lake Hazen im hohen Norden Kanadas durch.

Die Hocharktis als fruchtbarer Boden für Pandemien

Die hierbei entdeckten DNA- und RNA-Segmente von Viren glichen sie mit potenziellen Wirten ab. Es handelte sich dabei um in der Gegend des Sees vorkommende Tiere, Pflanzen und Pilze. Im Anschluss berechneten die Wissenschaftler mittels eines Computeralgorithmus das Risiko für ein Überspringen auf andere Arten, den sogenannten Spillover-Effekt.

Die Wissenschaftler stellten dabei fest, dass das Spillover-Risiko mit dem Abfluss von Gletscherwasser zunimmt und hier vor allem Tiere und Kleinstlebewesen gefährdet sind. Gemäss ihrer Simulation könne ein Übertragungseffekt bereits stattfinden.

Alarmierend ist eine Schlussfolgerung der Wissenschaftler: «Sollte der Klimawandel auch das Artenspektrum potenzieller viraler Vektoren und Reservoirs nach Norden verschieben, könnte die Hocharktis zu einem fruchtbaren Boden für aufkommende Pandemien werden.»

Milzbrand aus dem Permafrost

Allerdings stellen nicht nur Viren eine Gefahr dar, wie ein Milzbrandausbruch im Jahr 2016 in Sibirien zeigt. Nachdem hier der Permafrostboden auftaute, erkrankten mehr als 70 Personen wegen des gefährlichen Bakteriums – ein zwölfjähriger Bub starb.

Der Junge soll den Erreger über das Fleisch eines kranken Rentiers aufgenommen haben. Zuvor sei der Erreger mit den steigenden Temperaturen aus dem Boden freigesetzt worden und habe zunächst andere Rentiere infiziert, wird vermutet.