Omikron-Varianten im Vergleich So viel ansteckender ist BA.2 als BA.1

uri

21.3.2022

Corona-Mutationen: Welche Virusvariante setzt sich durch?

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Alpha, Delta, Omikron und vielleicht bald Lambda, My und Deltakron? Wer blickt da noch durch? Wir beantworten die wichtigsten Fragen im Video.

19.01.2022

Das Infektionsgeschehen wird weiterhin stark von Coronavirus-Varianten geprägt. Seit März dominiert die Omikron-Untervariante BA.2 in der Schweiz. Das ist bislang über sie bekannt. 

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21.3.2022

Die Corona-Fallzahlen sind nach dem Wochenende im Wochenvergleich zwar um 11,8 Prozent zurückgegangen, sie bleiben mit 60'989 registrierten Fällen in 72 Stunden jedoch weiterhin hoch. Und die Zahl der Spitaleinweisungen liegt mit 270 Fällen lediglich 0,7 Prozent unter jener der Vorwoche.

Neben den Lockerungen und verändertem Verhalten der Menschen dürften für die zuletzt hohen Zahlen auch der neuere Subtyp der Omikron-Variante BA.2 verantwortlich sein, der am 18. November 2021 erstmals entdeckt wurde. Bei BA.2 handelt es sich um eine «Schwester» der damals vorherrschenden Omikron-Subvariante BA.1, wie die an der Universität Bern forschende Epidemiologin Emma Hodcroft blue News bereits erklärte. Inzwischen hat BA.2 die Verwandtschaft vielerorts abgehängt. Das ist der aktuelle Stand zur Variante:

Was ist die neueste Entwicklung bei Omikron?

In Israel berichtete das Gesundheitsministerium Mitte letzter Woche von einer bislang unbekannten Coronavirus-Variante, die den Omikron-Subtyp BA.1 und den neueren Subtyp BA.2 kombiniert. Die neue Variante wurde demnach durch PCR-Tests bei zwei Einreisenden an Tel Avivs Flughafen Ben Gurion entdeckt. Sie hätten unter Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen gelitten, aber keine spezielle medizinische Versorgung benötigt. Es handelt sich bei der Variante um eine sogenannte Rekombination, wie es sie zuletzt auch bei Linien von Omikron und Delta gab.

Eine solche Rekombination kommt dann zustande, wenn sich eine Person gleichzeitig mit beiden Varianten infiziert. Für Expert*innen ist das keine Überraschung und bislang sieht auch das israelische Gesundheitsministerium noch keinen Grund für neue Massnahmen. Die Variante scheine keine schweren Symptome auszulösen, teilte es zu der noch namenlosen Variante mit. Regierungsberater Salman Zarka sagte im israelischen Militärradio: «In diesem Stadium machen wir uns keine Sorgen, dass die neue Variante zu schweren Fällen führen könnte.»

Wie gross sind die Unterschiede der Varianten?

Der Subtyp BA.2 unterscheidet sich von der ursprünglichen Omikron-Variante in etwa 18 Mutationen, die teils in «wichtigen Bereichen» liegen, wie das zentrale Labor des dänischen Gesundheitsdienstes Statens Serum Institut bereits Mitte Januar erklärte. Die Behörde teilte dazu mit: «Tatsächlich ist der Unterschied zwischen BA.1 und BA.2 grösser als der Unterschied zwischen dem Ursprungsvirus und der Alpha-Variante.» 

Mikroskopaufnahme von Coronaviren. (Archivbild)
Mikroskopaufnahme von Coronaviren. (Archivbild)
Bild: Keystone/AP NIAID-RML

Wie hat sich das Verhältnis der Omikron-Varianten in der Schweiz entwickelt?

Die neue Kombivariante aus Israel wurde in der Schweiz noch nicht nachgewiesen. Dafür hat der Omikron-Subtyp BA.2 in der Schweiz den Siegeszug angetreten und ist seit der Kalenderwoche 9 – also seit Ende Februar, Anfang März – dominant, wie die Science Taskforce in ihrem letzten epidemiologischen Bericht schreibt. Hatte der Subtyp BA.1 in Kalenderwoche 3 noch eine Häufigkeit von über 95 Prozent, sank diese bis zur Kalenderwoche 9 auf 43 Prozent ab. Damals wurde BA.2 dominant und kam auf einen Anteil von 57 Prozent aller sequenzierten Proben. Inzwischen dürfte der Anteil noch bedeutend höher sein und das Infektionsgeschehen grösstenteils bestimmen.

Wie ansteckend ist die vorherrschende Variante BA.2?

«BA.2 scheint einen Übertragungsvorteil gegenüber BA.1 zu besitzen», schreibt die Taskforce in ihrem Bericht. Gemäss den Zahlen aus der Schweiz lässt sich demnach für BA.2 eine effektive Reproduktionszahl berechnen, die gegenüber BA.1 um 35 bis 50 Prozent erhöht ist. Nach der Lockerung der Massnahmen vom 17. Februar sei die effektive Reproduktionszahl von rund 1,1 auf rund 1,3 gestiegen. Das entspreche einem Anstieg von knapp 20 Prozent, wobei hier auch die bereits erwähnten Lockerungen und das geänderte Verhalten der Bevölkerung ihren Anteil haben.

Laut dem obersten Kantonsarzt Rudolf Hauri dürften die derzeit dem BAG gemeldeten täglichen Fallzahlen zwischen 25'000 und 35'000 Fällen zudem nur einen kleinen Teil der tatsächlichen Fälle abdecken. Der «NZZ am Sonntag» sagte Hauri: «Ich denke, die Dunkelziffer ist momentan fünfmal höher als die ausgewiesenen Zahlen.» Dementsprechend sei von 150'000 Fällen am Tag auszugehen. «Die laufende Welle wird statistisch wohl die Januarwelle übertreffen», sagte Hauri weiter. 

Wie gefährlich ist BA.2?

Laut einer bislang noch nicht begutachteten Preprint-Studie eines internationalen Wissenschaftlerteams ist BA.2 nicht nur deutlich ansteckender als die Subvariante BA1, sondern erwies sich immerhin in den Körpern von Hamstern auch als bedeutend aggressiver. Die Virenkonzentration war in der Untersuchung in den Nagetieren bedeutend höher als beim Schwestertyp BA.1, zudem traten «deutlich mehr» Schäden im Lungengewebe und den Atemwegen der Tiere auf.

Auf den Menschen lassen sich diese Ergebnisse so allerdings nicht übertragen, wie die Taskforce berichtet. Demnach zeigen klinisch-epidemiologische Daten aus Südafrika, Grossbritannien und Dänemark zu Infektionen bei Menschen «keine Anzeichen für einen relevanten Unterschied hinsichtlich des Schweregrads der Erkrankungen».

Wie steht es um den Impfschutz?

Laut Experten gibt es bislang keine Hinweise darauf, dass die Variante BA.2 die Immunantwort noch einmal deutlich besser umgehen könne als BA.1. Vorläufige Reinfektionsdaten in der Schweizer Bevölkerung legen laut der Taskforce zudem nahe, dass eine Ansteckung mit der vorhergehenden Untervariante BA.1 offenbar eine «starke Kreuzimmunität gegen eine Infektion mit BA.2 erzeugt». Eine weitere Studie der UK Health Security Agency (UKHSA) zeige zudem, dass die bestehenden Impfstoffe den gleichen Schutz vor BA.1 und BA.2 bieten.

Eine bedenkliche Beobachtung wurde laut den Taskforce-Experten aber trotzdem gemacht: Die Wirksamkeit des monoklonalen Antikörpers Sotrovimab, der in der Schweiz zur Behandlung eingesetzt wird, sei «deutlich vermindert». Dadurch seien auch die «antiviralen Behandlungsoptionen in der Schweiz stark eingeschränkt», schliesst der Bericht.

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