Viel Feind, viel Ehr Der Fall des Roten Barons – Ehrengeleit für einen Feind

Philipp Dahm

21.4.2019

Von Richthofen (im Cockpit) mit seinem «Flying Circus» im April 1917.
Von Richthofen (im Cockpit) mit seinem «Flying Circus» im April 1917.
Bild:  Deutsches Bundesarchiv

Als der «Rote Baron» heute vor 101 Jahren vom Himmel geholt wird, stirbt eine Legende. Der Nimbus des Flieger-Asses sorgt dafür, dass ihn der Gegner mit militärischen Ehren begräbt und Souvenirjäger seine Fokker zerpflücken.

Den Briten und Australiern ist vollkommen klar, welchen deutschen Kampfpiloten sie da gerade abgeschossen haben. Er hat sein Flugzeug geradezu provozierend markiert: Der Farbe verdankt er seine Beinamen. Die Franzosen nenne ihn «Le petit rouge», der kleine Rote, oder «Diable Rouge», roter Teufel. Weil ein Autor nach dem Krieg seinen Titel Freiherr falsch übersetzt, wird Manfred Freiherr von Richthofen besser bekannt als «Red Baron» – der Rote Baron.

Als der Deutsche am 21. April 1918 zu seinem letzten Flug aufbricht, ist er noch eine lebende Legende. 80 Abschüsse gehen auf sein Konto – kein Mensch hat mehr. Er startet mit neun weiteren Männern im französischen Cappy, als er einen kanadischen Flieger der Royal Air Force erspäht. Entgegen seiner eigenen Regel, einen Gegner nicht auf Teufel komm raus zu jagen, verfolgt er den Feind bis über die Frontlinie hinaus – möglicherweise infolge von posttraumatischem Stress aus einem früheren Einsatz.



Zum Verhängnis wird ihm jedoch nicht der gegnerische Pilot, sondern Beschuss vom Boden aus. Eine der Kugeln durchbohrt von Richthofen, der sein Flugzeug noch landen kann, bevor er stirbt. Die Engländer begraben ihn – mit vollen militärischen Ehren. Sie schicken ein Flugzeug zum Stützpunkt des Roten Barons. Die Nachricht, die es dort abwirft, lautet:

Australische Soldaten posieren an dem Wrack des Roten Barons.
Australische Soldaten posieren an dem Wrack des Roten Barons.
Bild: Gemeinfrei

«An das deutsche Fliegerkorps. Rittmeister Baron Manfred von Richthofen wurde am 21. April 1918 in einem Luftkampf getötet. Er wurde mit allen militärischen Ehren bestattet.»

Bilder vom Begräbnis durch die Engländer.

Warum erweisen die Briten einem Feind diese Ehre, zumal der empfindlich viele ihrer Kameraden abgeschossen hat? Zum einen ist der Rote Baron ein Superstar seiner Zeit, der über die Grenzen hinweg bewundert wird. Nicht nur seine Luftsiege beeindrucken die Alliierten, sondern auch seine Taktik. Von Richthofen hat erkannt, wie wichtig die Luftüberlegenheit ist – doch das Deutsche Reich hat weniger Flugzeuge als seine Gegner.

Ehrenspalier beim Begräbnis in  Bertangles am 22. April 1918.
Ehrenspalier beim Begräbnis in Bertangles am 22. April 1918.
Bild: Gemeinfrei

Der Geschwaderkommandant konzentriert die Luftwaffe und verlegt die Truppe ständig. Die Pisten bestimmen die Männer selbst. Die Männer schlafen in Zelten und überraschen den Feind oft mit schmerzhaften Attacken. Die Engländer sprechen vom «Flying Circus» – und müssen empfindliche Verluste hinnehmen, weil die deutschen Piloten sich als taktisch besser aufgestellt erweisen. Von Richthofen verdient sich den Respekt.

Früher bei der Kavallerie – jetzt im Flieger

Ausserdem greift in diesem Fall auch noch eine militärische Tradition, die nach dem Motto verfährt: Viel Feind, viel Ehr'. Die Piloten der damals neuen europäischen Luftwaffen waren zumeist Adlige, Offiziere und aus einer Streitkraft kommend, die obselet geworden war: der Kavallerie. Der Kampf zwischen Flugzeugen war damals noch vollkommen neu: Von Richthofen und seine Vorgänger gehörten zu den Ersten, die Theorien und Taktiken dazu entwickelten.



Die Konfrontationen waren für die fliegenden Männer aller Kriegsparteien eher ein Duell. Stürzte ein Flieger ab, wurde der Pilot am Fallschirm in der Regel in Ruhe gelassen. Und für das Volk war die Truppe mit der neuen Technik ohnehin heldenhaft, was durch die eigenen Propaganda und Heldenstilisierung noch befeuert wurde. Manfred Freiherr von Richthofen veröffentlichte 1917 etwa auch eine Autobiographie: «Der rote Kampfflieger» war ein Kassenhit.

Nach seiner Beerdigung wurde das Flieger-Ass nach Rücksprache mit dem Kriegsgegner Frankreich nach Deutschland überführt: Der Rote Baron liegt bis heute auf dem Invalidenfriedhof in Berlin. Die deutsche Kaiserin kam auch, als von Richthofen seine letzte Ruhe gefunden hat.

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