Organschäden befürchtet Forscher finden Mikroplastik in menschlichem Blut

Von Oliver Kohlmaier

25.3.2022

Mikroplastik findet sich überall in der Umwelt — auch in die Blutbahn gelangen die Partikel.
Mikroplastik findet sich überall in der Umwelt — auch in die Blutbahn gelangen die Partikel.
APA/GEORG HOCHMUTH/KEYSTONE (Symbolbild)

Niederländischen Forscher*innen weisen erstmals Mikroplastik im Blut von Menschen nach. Die Partikel finden sich überall in der Umwelt — die Auswirkungen auf die Gesundheit sind jedoch weitgehend unklar.

Von Oliver Kohlmaier

25.3.2022

Mikroplastik-Partikel wurden bereits an den abgelegensten Orten der Welt gefunden, von der Antarktis bis zum Gipfel des Mount Everest. Dies hat verheerende Auswirkungen auf alle Lebewesen — nicht zuletzt für unsere eigene Gesundheit.

Bereits bekannt ist, dass Menschen wöchentlich bis zu fünf Gramm winziger Mikroplastik-Partikel zu sich nehmen. Das entspricht nm etwa dem Gewicht einer Kreditkarte.

Nun ist es niederländischen Forschern erstmals gelungen, Mikroplastik-Partikel im menschlichen Blut nachzuweisen. Dies hat sich bislang als nicht einfach erwiesen. Die in der Studie analysierten Partikel sind nur 0,0007 Millimeter gross.

Die Forschenden der Vrije Universiteit analysiertem demnach Blutproben von 22 anonymen Spendern. 17 davon enthielten Mikroplastik-Partikel, und zwar aus unterschiedlichen Quellen. So wies das Team in der Hälfte der Proben PET nach, das vorwiegend in Getränkeflaschen verwendet wird.

Ein Drittel der Blutproben enthielt ferner Polystyrol, ein verbreiteter Kunststoff für Lebensmittelverpackungen. In jeder vierten Analyse gelang darüber hinaus der Nachweis von Polyethen, verwendet zur Herstellung von Plastiksäcken.

Schädigung der Organe befürchtet

«Die grosse Frage ist nun, was in unserem Körper passiert», sagt der beteiligte Ökotoxikologe Dick Vethaak dem britischen «Guardian». Er und sein Team befürchten demnach, dass die Partikel im Körper zirkulieren und sich potenziell auch in Organen festsetzen könnten. Im Labor sei zudem bereits nachgewiesen worden, dass Mikroplastik menschliche Zellen schädigen kann.

Wie sich die Partikel im Blut auswirken, hängt dem interdisziplinären Forscherteam zufolge auch davon ab, wie sich das Mikroplastik in der Blutbahn verteilt, aber auch andere Faktoren wie Form oder Oberflächenchemie spielen demnach eine Rolle. Ferner ist fraglich, ob die Teilchen die Blut-Hirn-Schranke überwinden können und ob die Konzentration ausreicht, um Krankheiten auszulösen.

Wie sich das Mikroplastik auf die menschliche Gesundheit auswirkt, ist zu grossen Teilen noch unklar. Einzelne Hinweise deuten jedoch nichts Gutes an. Bereits bekannt ist, dass Plastik im Blut zu Entzündungen der Gefässwände führen kann. Dies ergaben Experimente einer fachübergreifenden Forschungsgruppe der deutschen Uni Marburg.

Mikroplastik ist überall

Mikroplastik gelangt in die entlegensten Winkel der Erde. In der Antarktis, am Boden der Tiefsee, in abgelegenen Bergseen und am Mount Everest fanden Forschende Spuren der winzigen Partikel.

Laut einer Schätzung des Bundesamtes für Umwelt (Bafu) landen jährlich etwa 14'000 Tonnen Plastikabfall in Schweizer Böden und Gewässern.

Forscher fanden selbst in der Todeszone des Mount Everest noch Mikroplastik.
Forscher fanden selbst in der Todeszone des Mount Everest noch Mikroplastik.
Sun Fei/XinHua/dpa

Die grösste Quelle der Verschmutzung mit sogenanntem Mikroplastik  ist gemäss der Studie der Reifenabrieb auf den Strassen. Dieser besteht mehrheitlich aus Gummi und Russ. Gemäss einer Modellrechnung gelangen davon jährlich rund 8'100 Tonnen in die Umwelt.

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Gemäss Bafu finden sich Kunststoffe in allen untersuchten Schweizer Seen, Flüssen und wohl auch fast in allen Böden. Menschen und Tiere nehmen Mikroplastik über Nahrung oder Atmung auf, scheiden sie aber zu einem grossen Teil wieder aus.

Plastik wird in der Umwelt nur sehr langsam abgebaut und verbleibt dort über sehr lange Zeiträume. Durch Sonnenlicht und mechanische Beanspruchung wie Transport zerkleinern sich die Plastikstücke zwar, der vollständige Abbau verlaufe jedoch sehr langsam – mitunter über mehrere hundert Jahre.

Weil sich die Kunststoffe nur über sehr lange Zeiträume abbauen, dürfte bei unverändert hoher Verschmutzung die Konzentration von Plastik in der Umwelt steigen – und dadurch auch das Risiko für Mensch und Tiere, warnt das Bafu.

Mit Material von Keystone-SDA.