Harsche Kritik Klimawandel: Wissenschaftler zweifeln ETH-Studie zur Aufforstung an

DPA/tafi

22.10.2019

Wiederaufforstung wäre der effizienteste Weg, der Atmosphäre CO2 zu entziehen und zu speichern, behauptet eine Studie der ETH Zürich: Forscher üben nun harsche Kritik an den Ergebnissen.
Wiederaufforstung wäre der effizienteste Weg, der Atmosphäre CO2 zu entziehen und zu speichern, behauptet eine Studie der ETH Zürich: Forscher üben nun harsche Kritik an den Ergebnissen.
DPA / Patrick Pleul

205 Milliarden Tonnen Kohlenstoff, rund zwei Drittel der von Menschen verursachten CO2-Emissionen könne durch Aufforstung aufgefangen werden – behauptet eine im Sommer veröffentlichte Studie der ETH Zürich. Nun äussern andere Forscher harsche Kritik an der Rechnung.

Der Klimawandel kann durch nichts so effektiv bekämpft werden wie durch Aufforstung – dieses im Sommer veröffentlichte Studienergebnis stösst auf Kritik anderer Forscher. Das Potenzial von Baumpflanzungen zur Eindämmung des Klimawandels sei in der Studie der ETH Zürich dramatisch überbewertet, hiess es am Dienstag von der Leuphana Universität Lüneburg. Als Co-Autorin war die Leuphana-Forscherin Vicky Temperton an einer aktuellen Stellungnahme im Fachmagazin «Science» zu der Anfang Juli vorgestellten Analyse beteiligt.

Das Pflanzen von Bäumen an falschen Orten könne sogar Ökosysteme zerstören, die Intensität von Waldbränden erhöhen und die globale Erwärmung verschärfen, erläutern Forscher um Temperton und Joseph Veldman von der Texas A&M University in den USA. Auch Forscher zahlreich anderer Universitäten und Institute wie etwa der LMU München, der Uni Bonn und des Max-Planck-Instituts für Meteorologie in Hamburg äussern sich in «Science» kritisch zu der Studie.



Die Erde könne ein Drittel mehr Wälder vertragen, ohne dass Städte oder Agrarflächen beeinträchtigt würden, hatten Forscher der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich im Sommer in «Science» geschrieben. Bäume zu pflanzen habe das Potenzial, zwei Drittel der bislang von Menschen verursachten klimaschädlichen CO2-Emissionen aufnehmen.

Die neuen Wälder könnten demnach 205 Milliarden Tonnen Kohlenstoff speichern, wenn sie herangewachsen sind – etwa zwei Drittel der 300 Milliarden Tonnen Kohlenstoff, die seit der Industriellen Revolution durch den Menschen in die Atmosphäre gelangten.



Der Wert von 205 Milliarden Tonnen Kohlenstoff sei viel zu hoch angesetzt, heisst es nun in dem kritischen Beitrag der Forscher um Veldman. Schwerwiegende Mängel hätten zu einer fünffachen Überschätzung des Potenzials neu gepflanzter Bäume für die Eindämmung des Klimawandels geführt.

So werde in der Studie etwa davon ausgegangen, dass Böden in Ökosystemen ohne Bäume keinen Kohlenstoff enthalten – in vielen Lebensräumen wie Savannen und Torfmooren sei aber mehr Kohlenstoff im Boden gebunden als in der oberirdischen Vegetation.
«Eine ökologische Sanierung könnte viel mehr zu natürlichen Klimalösungen beitragen, wenn wir uns nicht nur auf Wälder fokussieren, sondern uns auch um Grasland, Savannen, Buschland und Torfmoore kümmern», sagt Temperton.

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