Gute Corona-Nachrichten «Lage für das Virus wird prekär»

uri

24.11.2022

Drosten über Corona: «Die Lage für das Virus wird prekär»

Drosten über Corona: «Die Lage für das Virus wird prekär»

Zur weiteren Entwicklung der Corona-Pandemie hat sich der Virologe Christian Drosten in einigen Punkten optimistisch gezeigt.

24.11.2022

Anzeichen für das nahende Ende der Corona-Pandemie sieht der deutsche Virologe Christian Drosten. Trotz einer zu erwartenden Winterwelle könne das Virus die Situation mit ein paar Mutationen wohl nicht mehr drehen.

uri

24.11.2022

In diesem Jahr wurden viele Corona-Wellen in schneller Abfolge registriert. Das ist laut dem Berliner Virologen Drosten indes aber kein Zeichen für eine besorgniserregende Dynamik, sondern für «das kommende Ende der Pandemie».

Die Dynamik zeigt demnach, dass die Wellen «stärker auf der Kippe» stehen, sagt Drosten im Interview mit der «Zeit». Daran werde sich wahrscheinlich auch mit neuen Virusmutationen nicht mehr viel ändern.

Die Corona-Wellen würden inzwischen deutlich rascher brechen, erklärt der 50-jährige Mediziner, der durch seinen Podcast «Das Corona-Update» Bekanntheit im deutschen Sprachraum erlangt hat. Ursächlich dafür sei ein dramatisches Absinken des R-Werts, der besagt, wie viele der Personen ein infizierter Mensch anstecken kann.

Winterwelle stösst auf Bevölkerungsimmunität

Habe dieser Wert in der Vergangenheit teils bei über 2 gelegen, betrage er nun nur noch rund 1 – und das obwohl inzwischen keine schützenden Massnahmen mehr bestehen, so Drosten.

Aus diesem Grund würden unbedeutendere Faktoren, etwa das Wetter, an Bedeutung gewinnen: Werde es kalt und nass, gingen die Fallzahlen hoch. Bei warmem und trockenem Wetter sänken sie hingegen rasch wieder ab. Das sei ein gutes Zeichen, so Drosten: «Die Lage für das Virus wird prekär.» Auch könne das Virus das Spiel mit einigen Mutationen nun nicht mehr drehen.

Eine Labormitarbeiterin legt in einem Labor der Abteilung Umweltmikrobiologie an der Eawag in Dübendorf aufbereitete Abwasserproben für den Nachweis von Coronaviren in einen Gefrierschrank.
Eine Labormitarbeiterin legt in einem Labor der Abteilung Umweltmikrobiologie an der Eawag in Dübendorf aufbereitete Abwasserproben für den Nachweis von Coronaviren in einen Gefrierschrank.
Archivbild:Keystone

Der Winter werde zweifellos die Virus-Übertragung ankurbeln, ist sich Drosten sicher. Das Virus würde nun aber auf eine wachsende Bevölkerungsimmunität stossen, wobei die Risiken immer kleiner würden, so Drosten.

Infektion schützt bis zu eineinhalb Jahre lang

Als das Virus zu Beginn der Pandemie auf eine ungeschützte Erwachsenenbevölkerung getroffen sei, habe das noch zu unvorhersehbaren Immunreaktionen geführt, wie man etwa bei Long Covid sehen könne. Im Fall von endemischen Viren stecke man sich hingegen bereits in der Kindheit an und dann sei die Immunreaktion weniger dramatisch.

Genau das werde bald auch für das Coronavirus Sars-CoV-2 gelten, wie Daten aus Katar zeigten: Demnach schützt eine überstandene Infektion vor einer Neuinfektion mit dem gleichen Serotyp fast eineinhalb Jahre lang, bei einem anderen Serotyp immerhin bis zu sieben Monate lang.

Drosten rechnet sogar mit geringerer Virulenz

Laut Drosten ist damit zu rechnen, dass das Virus beim jetzigen Serotyp verharre – mit dem positiven Effekt eines lange anhaltenden Schutzes. Auch würden Ansteckungen bei Erwachsenen dann immer schwächere Reaktionen bringen, da in der Bevölkerung durch Impfungen und überstandene Infektionen verschiedene Arten des Immunschutzes bestünden.

Laut dem Virologen ist das Coronavirus somit auf dem besten Weg, endemisch zu werden, ähnlich dem Grippevirus. Er glaube kurzfristig auch nicht an «eine wirklich böse Überraschung», denn das Virus könne «an vielen Stellen in seiner Evolution nicht mehr ohne Weiteres zurück.» Es habe sich festgefahren und optimiere nun lediglich nach. Es sei sogar wahrscheinlich, dass es künftig etwas an Ansteckungsfähigkeit einbüsse.

Grösste Gefahr droht in China

Damit das Virus nochmals richtig gefährlich werde, müsse sich eine neue Variante aus seinem frühen Stammbaum bilden. Dafür brauche es aber «eine Art Revolution, durch erneute massive Verbreitung irgendwo auf der Welt, wo das jetzt noch möglich ist.» Die grösste Gefahr für eine solche Entwicklung sieht Drosten dabei weniger in Afrika oder Indien, sondern in China, das sich in einer besonderen Situation befände.

Das Virus könne sich bei möglichst vielen Infektionen gut weiterentwickeln – diese Situation bestehe derzeit in China. Hier sei die Immunität nicht so homogen verteilt wie in Industrieländern, wo das durch Impfung oder Ansteckung geschehen sei. Oder auch in ärmeren Ländern, wo die meisten Menschen bereits mehrfache Infektionen durchgemacht hätten.

Er wolle nicht ausschliessen, dass es in China hinsichtlich der Virus-Evolution noch einmal zu einem entsprechenden Sprung komme, so Drosten. «Ich erwarte es aber nicht in nächster Zeit.» Auch sei genauso gut möglich, dass erst mal gar nichts mehr geschehe. In dem Fall bleibe das Virus «in seiner Ecke», werde im jetzigen Serotyp endemisch und wandere «zwischen den Hemisphären im Winter hin und her und wird recht zahm.»

Menschen in Peking stehen am 24. November 2022 für einen Corona-Test an: China meldete zuletzt einen Rekord bei den Neuinfektionen. 
Menschen in Peking stehen am 24. November 2022 für einen Corona-Test an: China meldete zuletzt einen Rekord bei den Neuinfektionen. 
Bild: Keystone