Ganze Wälder verfärbt Lärchenwickler frisst Bäume im Engadin kahl

SDA

2.7.2018

Herbstlich gefärbte Lärchen mitten im Sommer. Schuld ist der Graue Lärchenwickler, der sich dieses Jahr im Engadin wieder explosiv vermehrt und die Lärchen kahl frisst, wie hier in S-chanf. Die meisten Bäume erholen sich noch im gleichen Sommer wieder.
Herbstlich gefärbte Lärchen mitten im Sommer. Schuld ist der Graue Lärchenwickler, der sich dieses Jahr im Engadin wieder explosiv vermehrt und die Lärchen kahl frisst, wie hier in S-chanf. Die meisten Bäume erholen sich noch im gleichen Sommer wieder.
Source: WSL/Beat Wermelinger

Rotbraun verfärbte Lärchenkronen mitten im Sommer: Verantwortlich dafür sind die unzähligen Raupen des Grauen Lärchenwicklers. Dieser kleine Nachtfalter vermehrt sich dieses Jahr im Engadin und im Wallis wieder einmal explosiv.

Diese Massenvermehrung durchläuft der Lärchenwickler etwa alle neun Jahre, wie aus einer Mitteilung der Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) vom Montag hervorgeht. Seine Raupen fressen dann jeweils die Nadeln der Lärchen. Teilweise werden die Nadeln aber nur angebissen und sie vertrocknen. Dies verleiht den Lärchen eine rotbraune Färbung.

Während der regelmässige Befall in den letzten vier Zyklen kaum sichtbar war, tritt dieses spektakuläre Phänomen nach 36 Jahren nun sowohl im Engadin als auch im Wallis wieder auf. In Massenvermehrungsjahren können sich im Frühsommer in inneralpinen Tälern ganze Wälder an Talhängen rotbraun verfärben.

Für die Lärchen ist dies aber keine Katastrophe, sie erholen sich meist und treiben noch einmal aus, nachdem die Raupen sich verpuppt haben. Im gleichen Sommer werden die Lärchenkronen also wieder grün und kompensieren ihre Ausfälle. Weniger als ein Prozent der Bäume sterben ab. Eine Bekämpfung des Lärchenwicklers ist daher nicht nötig.

Zyklisches Auf und Ab

Der Wettstreit zwischen Lärche und Lärchenwickler ist eines der berühmtesten Beispiele für das zyklische Auf und Ab einer Tierart, wie die WSL weiter schreibt. Etwa alle neun Jahre wächst innerhalb weniger Jahre die Zahl der Raupen um das 30'000-fache. Diese Massenvermehrungen sind auf Gebiete zwischen 1700 und 2000 Metern über Meer beschränkt.

Die Wende kommt allerdings mit den parasitischen Schlupfwespen, also Wespen, die ihre Eier in andere Insekten legen. Diese parasitieren die üppig vorhandenen Raupen, was die Lärchenwickler-Populationen wiederum dezimiert.

Zudem erscheinen in den zwei bis drei Jahren nach einer Massenvermehrung der Raupen die Nadeln der Lärchen im Frühling später und sind von schlechterer Qualität. Als Folge sterben viele Raupen ab, entweder weil sie vor dem Nadelaustrieb geschlüpft sind oder weil sie nicht genug zu fressen bekommen. "Hunger, Konkurrenz und Parasiten lassen die Raupensterblichkeit auf 99,98 Prozent schnellen", heisst es dazu.

Aus schlecht genährten Raupen entwickeln sich wiederum Falter, die weniger Eier produzieren. Wenn sich die Nadelqualität dann erholt und die Schlupfwespen mangels Wirtsraupen dezimiert sind, kann sich die Lärchenwickler-Population langsam wieder aufbauen.

Weniger Raupen wegen Temperaturanstieg?

In der Jahrringbreite der Lärchen ist abzulesen, dass die Bäume in Jahren der Massenvermehrungen weniger wachsen. Wissenschaftler konnten so die zyklischen Populationsbewegungen rund 1200 Jahre zurückverfolgen. Sie stellten dabei fest, dass in den letzten drei Zyklen (1989, 1999 und 2008) die maximalen Raupenmengen weit unter früheren Werten blieben.

Es ist unklar, warum dies so ist. Die Forschenden gehen davon aus, dass es einen Zusammenhang mit den ansteigenden Temperaturen der vergangenen Jahrzehnte gibt. So könne sich die Synchronisation zwischen dem Nadelaustrieb und dem Schlüpfen der Raupen im Frühling verschlechtert haben.

Bilder aus der Schweiz
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