Gefahr aus dem All Dieser Asteroid verpasst die Erde um eine kosmische Haaresbreite

DPA, smi

26.1.2023 - 19:56

Das Orbitaldiagramm zeigt die Flugbahn von «2023 BU» (in Rot) während seiner Annäherung an die Erde.
Das Orbitaldiagramm zeigt die Flugbahn von «2023 BU» (in Rot) während seiner Annäherung an die Erde.
dpa

Der Asteroid «2023 BU» hat die Grösse eines Kleinbusses und passiert die Erde in einem Abstand von 3600 Kilometern – eine Winzigkeit in kosmischen Relationen.

26.1.2023 - 19:56

Aussergewöhnlich nah zieht in der Nacht auf Freitag ein Asteroid an der Erde vorbei. Um 1.27 Uhr mitteleuropäische Zeit erreiche «2023 BU», so sein Name, den erdnächsten Punkt seiner Flugbahn, wie die US-Raumfahrtbehörde Nasa mitteilt.

Dann rauscht der Asteroid, der ungefähr die Grösse eines Kleinbusses hat, in lediglich 3600 Kilometern Höhe über die Südspitze Südamerikas hinweg. Es besteht laut Nasa keine Gefahr, dass er einschlagen könnte. Zum Vergleich: Geostationäre Satelliten kreisen in rund 36'000 Kilometer Entfernung um die Erde, die Raumstation ISS rund 400 Kilometer. Der Mond ist 384'000 Kilometer entfernt.

3600 Kilometer sind sehr nah und trotzdem bei weitem nicht nah genug, um vom Schwerefeld der Erde erfasst und so stark angezogen zu werden, dass «2023 BU» tatsächlich auf unseren Planeten abstürzen würde, wie Maria Schönbächler betont. Sie ist Professorin an der ETH und soeben aus der Antarktis zurückgekehrt, wo sie mit einem Team Meteoriten einsammelte und zur weiteren Untersuchung mitnahm.

Meteoriteneinschläge sind selten gefährlich

Selbst wenn «2023 BU» direkt auf die Erde zusteuerte, würde er mit seinem vergleichsweise kleinen Durchmesser von 3,5 bis 8,5 Metern beim Eintritt in die Atmosphäre als Feuerball weitgehend verglühen, so die Nasa. Es werde aller Voraussicht nach allerdings eine der dichtesten Annäherungen an die Erde, die jemals aufgezeichnet wurde, heisst es in der Mitteilung.

Dass ein Asteroid oder dessen kleinere Version, ein Meteor, auf besiedeltem Gebiet einschlägt, ist extrem unwahrscheinlich. 70 Prozent der Erdoberfläche sind Ozeane. Und auch die Landfläche ist überwiegend unbesiedelt.

Diesen extrem unwahrscheinlichen Fall hat die russische Stadt Tscheljabinsk vor knapp 10 Jahren erlebt. Im Februar 2013 flog ein Meteor auf sie zu und explodierte aufgrund der Überhitzung in der Atmosphäre in rund 20 Kilometern Höhe. Zahlreiche Videoaufnahmen zeigen den Schweif am Himmel, der plötzlich in einem Feuerball aufgeht.

«Die Explosion über dem Boden ist die eigentliche Gefahr», erklärt Maria Schönbächler. In Tscheljabinsk liess sie Fensterscheiben in der ganzen Stadt bersten. Die Opfer des Einschlags wurden durch umherfliegende Scherben verletzt.

Amateur-Astronom entdeckt «2023 BU»

Den Himmelskörper entdeckt hat der Amateurastronom Gennadi Borissow am Margo-Observatorium auf der Krim vor einigen Tagen. Borissow machte sich bereits 2019 einen Namen, als er mit einem selbstgebauten Teleskop einen Kometen entdeckte, der auf seiner Reise aus der Tiefe des Weltraums unser Sonnensystem durchkreuzte. Der Komet 2I/Borisov erregte damals weltweites Interesse unter Astronomen, die seine Beobachtungen bestätigten.

Obwohl «2023 BU» so nah an der Erde vorbeizieht wie noch kaum ein Asteroid seit Beginn der Messungen, hat ihn Borissow erst vor wenigen Tagen entdeckt. Das sei nicht überraschend, erklärt Schönbächler. «So kleine Himmelskörper reflektieren kaum Sonnenlicht und sind deshalb äusserst schwer zu entdecken.»

Markus Griesser leitet die Sternwarte Eschenberg bei Winterthur und hat schon zahlreiche Asteroiden entdeckt und deren Bahn berechnet. Zur Vorlaufzeit erklärt er, das Netz an automatischen Beobachtungsstationen sei zwar inzwischen sehr dicht. Trotzdem passiere es immer wieder, dass Himmelskörper nicht erfasst würden. Erschwerend kommt hinzu: Je näher sie an der Erde vorbeifliegen, desto schneller bewegen sie sich von da aus gesehen.

Und wenn doch ein Meteorit auf eine Stadt zurast?

Noch ungünstiger ist, wenn sie bei Tag direkt auf eine Stadt zufliegen, wie das in Tscheljabinsk geschehen ist. Die könne keine Station der Welt erfassen, erklärt Griesser. Nur am Nachthimmel liessen sich Flugbahnen von Himmelskörpern berechnen, wofür es immer mehrere Messungen brauche.

Borissows jüngste Entdeckung haben internationale Sternwarten umgehend ins Visier genommen, um die Umlaufbahn von «2023 BU» und damit mögliche Risiken für die Erde zu ermitteln. Eine Bedrohung durch den Asteroiden haben sie schnell ausschliessen können, wie Nasa-Wissenschaftler Davide Farnocchia erläutert.

Forscher haben rund 27'000 Asteroiden in der Nähe der Erde identifiziert, davon rund 10'000 mit einem Durchmesser von mehr als 140 Metern. Es ist keiner bekannt, der in absehbarer Zeit direkt auf unseren Planeten zurasen könnte.

Im vergangenen Oktober war es der Nasa erstmals gelungen, die Bewegungsrichtung eines Asteroiden durch den Aufprall einer Sonde zu verändern. Hintergrund des Versuchs ist die Frage, wie die Erde vor herannahenden lebensbedrohlichen Himmelskörpern geschützt werden könnte.

DPA, smi