Sie hat keine Überlebenschance: Dann setzen die Ärzte genetisch veränderte Viren ein. Die erstmals angewandte Bakteriophagen-Therapie rettet eine 15-jährige Britin vor dem sicheren Tod.
Dass die heute 17-jährige Isabelle Zeit hat, sich mit Freunden zu treffen oder den Führerschein machen zu können, dass hat vor einemJahr kaum jemand gedacht. Erst recht nicht die Ärzte, die den Teenager aus Grossbritannien behandeln: Im Januar 2018 gaben sie ihr eine Überlebenschance von gerade mal einem Prozent. Doch genveränderte Bakteriophagen, die in den Körper des Mädchens eingeschleust wurden, retteten Isabelle das Leben.
Aufgrund ihrer Mukoviszidose-Erkrankung war die Teenagerin Ende 2017 für einen Lungentransplantation in ein Londoner Spital eingeliefert worden. Die Operation verlief erfolgreich, aber im Anschluss kam es zu einer schlimmen Infektion. Gefährliche Bakterien breiteten sich im ganzen Körper aus, befielen Wundnähte und Organe, wie mehrere Medien, darunter CNN, berichten.
Das Mädchen baute körperlich rapide ab, der Gesundheitszustand verschlechterte sich täglich, Antibiotika schlugen bei den multiresistenten Keimen nicht an. Die Ärzte hatten ihre Patientin praktisch schon aufgegeben. Nicht so Isabelles Eltern: Sie brachten die Ärzte auf die Idee, eine experimentelle Behandlungsmethode einzusetzen.
Die Therapie mit Bakteriophagen, sogenannten «Bakterienfresser», ist neu und wurde bis dato noch nicht erfolgreich eingesetzt. Gleichwohl setzen Mediziner in die Methode für die Zukunft grosse Hoffnungen. Für Isabelle war es die letzte.
Bakteriophagen sind spezielle, genetisch veränderte Viren. Sie befallen nur Bakterien und bauen ihr Erbgut in die Wirte ein, sodass die Bakterien weitere Bakteriophagen produzieren. Krankheitserreger werden im Prinzip aufgefressen. Für seine Phagen-Forschung bekam der Brite Gregory Winter erst im letzten Jahr den Nobelpreis für Chemie.
Von der Universität Pittsburgh bekamen die Londoner Mediziner die passenden «Bakterienfresser». Mit einem Cocktail aus drei Phagen-Stämmen, die Muddy, ZoeJ und BPs heissen, wurde Isabelle 32 Wochen lang intravenös behandelt. Auch ihre Wunden wurde mit einer Phagenlösung bestrichen, wie die Ärzte in einer Fallstudie im Magazin «Nature Medicine» beschreiben.
Mittlerweile sind die Bakterien fast völlig aus dem Körper von Isabelle verschwunden. Auch wenn durch die Phagen-Therapie lediglich die Folgen der Lungentransplantation erfolgreich bekämpft wurden und die Mukoviszidose dadurch nicht geheilt wurde, freut sich ihre Mutter, dass das Mädchen endlich ein normales Leben führen kann.
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