Eis-Gigant in der Antarktis Löst sich dieser Gletscher, steigt der Meeresspiegel schlagartig

dpa, uri

7.9.2022 - 14:53

Der Thwaites-Gletscher in der Antarktis. (Archiv)
Der Thwaites-Gletscher in der Antarktis. (Archiv)
Bild: Nasa via Keystone

Schmilzt der Thwaites-Gletscher in der Antarktis weg, drohen ganze Küstengebiete überschwemmt zu werden. Forscher warnen nun: Der Gigant halte sich nur noch «mit den Fingernägeln» fest.

7.9.2022 - 14:53

Laut einer Studie droht der Thwaites-Gletscher schneller abzuschmelzen als bisher angenommen – und das könnte zu einem dramatischen Anstieg des Meeresspiegels führen.

Der Thwaites-Gletscher liegt im westlichen Teil der Antarktis und ist mit 192'000 Quadratkilometern Ausdehnung etwa so gross wie der US-Bundesstaat Florida. Wegen seiner globalen Bedeutung wird er auch «Weltuntergangs-Gletscher» (doomsday glacier) genannt.

Ein internationales Forscherteam hat nun den Rückzug des Eisriesen über die Jahrhunderte kartiert, mit dem Ziel, daraus für die Zukunft zu lernen. Die Ergebnisse geben Anlass zur Sorge. Die Studie wurde im Fachjournal «Nature Geoscience» veröffentlicht. Das Team nutzte demnach ein autonomes, mit Sensoren ausgestattetes Unterwasserfahrzeug.

Ein autonomes Unterwasserfahrzeug im Meereis vor dem Thwaites-Gletscher nach einer 20-stündigen Mission zur Kartierung des Meeresbodens. 
Ein autonomes Unterwasserfahrzeug im Meereis vor dem Thwaites-Gletscher nach einer 20-stündigen Mission zur Kartierung des Meeresbodens. 
Bild: Anna Wåhlin/University of Gothenburg/dpa

Potenzielle Auswirkungen sind «erschreckend»

Die Forschenden fanden heraus, dass sich der vordere Teil des Gletschers in der Vergangenheit innerhalb von weniger als sechs Monaten vom Meeresboden abgelöst und dann mit einer Geschwindigkeit von 2,1 Kilometern pro Jahr zurückgezogen hatte – etwa doppelt so schnell wie in den vergangenen Jahren.

«Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass es am Thwaites-Gletscher in den letzten zwei Jahrhunderten und möglicherweise auch Mitte des 20. Jahrhunderts zu Impulsen mit sehr schnellem Rückzug gekommen ist», sagte der Marine-Geophysiker Alastair Graham von der University of South Florida, einer der Hauptautoren der Studie.

Meeresspiegel-Anstieg zwischen 90 Zentimeter und 3 Meter

Wegen warmer Meeresströmungen schmilzt der unter Dauerbeobachtung von Wissenschaftler*innen stehende Gigant entlang seiner Unterwasserkante. Die potenziellen Auswirkungen des Rückzugs von Thwaites seien erschreckend, heisst es in einer Mitteilung zu der Studie.

Das Forschungsschiff R/V Nathaniel B. Palmer fotografiert von einer Drohne an der Eisfront des Thwaites-Gletschers im Februar 2019. 
Das Forschungsschiff R/V Nathaniel B. Palmer fotografiert von einer Drohne an der Eisfront des Thwaites-Gletschers im Februar 2019. 
Bild: Alexandra Mazur/University of Gothenburg/dpa

Ein vollständiger Verlust des Gletschers und des umliegenden Eises könnte einen Meeresspiegel-Anstieg um 90 Zentimeter bis zu 3 Meter zur Folge haben. Die Folge: Küstenstädte rund um die Welt könnten teilweise überflutet werden.

Co-Autor Robert Larter vom britischen Polarforschungsprogramm (British Antarctic Survey) warnte: «Thwaites hält sich heute wirklich nur noch mit den Fingernägeln fest.» Für die Zukunft sei mit grossen Veränderungen in kleinen Zeitskalen zu rechnen, sobald sich der Gletscher über einen bestimmten Punkt hinaus zurückgezogen habe.

dpa/uri

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