Verhaltensbiologie Testosteron schweisst Erdmännchen-Gruppe zusammen

stsc, sda

20.12.2021 - 11:56

Das kooperative Zusammenleben in Erdmännchen-Gruppen scheint erst möglich durch das äusserst aggressive Verhalten des dominierenden Weibchens. Dieses habe einen besonders hohen Testosteronspiegel, berichten Forschende im Fachmagazin «Nature Communications».

Keystone-SDA, stsc, sda

Bei Erdmännchen-Gruppen herrscht ein Weibchen über all ihre Artgenossen, die der Matriarchin bei der Aufzucht ihrer Jungen helfen. Denn Nachwuchs produziert üblicherweise nur sie.

Damit dieses Gruppenleben funktioniert, zeigt die Herrscherin ein mitunter sehr brutales Verhalten: Um sicherzustellen, dass die Untergebenen dem eigenen Nachwuchs ungeteilte Aufmerksamkeit schenken, greift sie oft schwangere Artgenossinnen an, vertreibt diese aus der Gruppe oder tötet die nicht eigenen Neugeborenen. Zudem zeigt die Matriarchin in verschiedenster Art und Weise, dass sie der Boss ist: Sie schubst und drängelt, beisst, knurrt und markiert ihr Revier mit einer stechend riechenden Substanz.

Ein Forschungsteam um Christine Drea, Professorin für evolutionäre Anthropologie an der Duke University (USA), fand nun heraus, worin die Dominanz und damit der Erfolg der Matriarchin liegt: Sie weist einen sehr hohen Testosteronspiegel auf.

Auch Nachwuchs ist aggressiv

Das Team beobachtete und untersuchte 22 Erdmännchen-Clans in der südafrikanischen Kalahari-Wüste. Demnach steigt der Testosteronspiegel der Matriarchin, wenn sie schwanger ist – und wird im Laufe der Schwangerschaft immer höher. Dadurch nimmt nicht nur ihre Aggressivität laufend zu. Auch ihr Nachwuchs ist direkt nach der Geburt aggressiv und will von den untergebenen Artgenossen gepflegt und gefüttert werden.

Die Forschenden verabreichten den dominanten Weibchen einen Testosteronblocker, um zu prüfen, ob die Aggressivität wirklich auf den Anstieg dieses Hormons zurückzuführen ist. Und tatsächlich: Der Unterschied im Aggressivitätslevel zwischen den dominanten Weibchen und den anderen Gruppenmitgliedern liess sich mit den Hormonblockern gänzlich auslöschen.

Das Team vermutet, dass erst die testosterongesteuerte Aggression der Matriarchin die kooperative Gruppe zusammenhält: Würden die Weibchen länger mit Testosteronblockern behandelt, würde die Matriarchin voraussichtlich gestürzt und die Gruppenstruktur vorübergehend destabilisiert.

http://dx.doi.org/10.1038/s41467-021-27496-x