Alarmierende Studie Tiefenströmung im Südozean verhält sich atypisch – Forscher warnen

Philipp Fischer

5.7.2025

Die Ozeanzirkulation im Südlichen Ozean und die Atlantische Umwälzströmung stehen miteinander in Verbindung. Der Zusammenbruch eines Strömungssystems könnte Auswirkungen auf der ganzen Welt haben.
Die Ozeanzirkulation im Südlichen Ozean und die Atlantische Umwälzströmung stehen miteinander in Verbindung. Der Zusammenbruch eines Strömungssystems könnte Auswirkungen auf der ganzen Welt haben.
Bild: Brisbane / CC-by-sa 3.0

Der Zirkulation im Südlichen Ozean hat sich laut einer aktuellen Studie sich anders als Klimamodelle erwarten. Dies könnte Folgen für das weltweite Klima haben.

Philipp Fischer

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  • Ein internationales Forscherteam hat mithilfe von Erdbeobachtungssatelliten ein bisher unbekanntes Phänomen entdeckt.
  • Die Wissenschaftler konnten nachweisen, dass sich die Ozeanzirkulation im Südlichen Ozean atypisch verhält.
  • Für das globale Klima könnte das schwerwiegende Folgen haben.

Die globale Ozeanzirkulation ist für das Erdklima ausschlaggebend. Die durch alle Weltmeere laufenden Strömungen transportieren Wärme von der Oberfläche in die Tiefe. An anderer Stelle tritt kaltes und nährstoffreiches Tiefenwasser wieder zu Tage.

Schon länger beobachten Wissenschaftler, dass der nördliche Motor des globalen Strömungssystems, kurz AMOC (Atlantic Meridional Overturning Circulation), durch die Erwärmung in der Arktis und einfliessendes Schmelzwasser ins Stottern gerät.

Tiefenwasser setzt CO₂ frei

Nun haben Wissenschaftler auch bei der Zirkulation im südlichen Ozean (SMOC) eine Veränderung festgestellt. Mithilfe von Erdbeobachtungssatelliten hat ein Team aus internationalen Forschern eine Abweichung der Ozeanzirkulation in der südlichen Hemisphäre im Vergleich zu den Kimamodellen verzeichnet.

Die Studie stammt vom National Oceanographic Center (NOC) in Grossbritannien und wurde vor Kurzem in der Fachzeitschrift «PNAS» veröffentlicht. Die Messungen der Wissenschaftler belegen, dass das für die südliche Umwälzpumpe, kurz SMOC (Southern Meridional Overturning Circulation) wichtige antarktische Tiefenwasser in den vergangenen Jahrzehnten immer wärmer geworden ist. Inzwischen werde Oberflächenwasser durch aufsteigendes Tiefenwasser ersetzt, das Wärme und seit Jahrhunderten gespeichertes Kohlendioxid (CO₂) freisetzt.

«Das haben wir so noch nie zuvor gesehen»

Antonio Turiel, Wissenschaftler am Institut für Meeresforschung in Barcelona, erklärt: «Das haben wir so noch nie zuvor gesehen.»

Das Aufsteigen von warmem, CO₂-reichem Tiefenwasser wird als Ursache für das beschleunigte Schmelzen des Meereises im Südlichen Ozean angesehen.

Messungen haben ergeben, dass das für die südliche Umwälzpumpe wichtige antarktische Tiefenwasser in den letzten Jahren und Jahrzehnte immer wärmer geworden ist.
Messungen haben ergeben, dass das für die südliche Umwälzpumpe wichtige antarktische Tiefenwasser in den letzten Jahren und Jahrzehnte immer wärmer geworden ist.
Bild: Hannes Grobe/ Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI), CC-by-sa 2.5

Dieser Prozess könnte zu einer Verdoppelung der atmosphärischen CO₂-Konzentrationen führen, indem Kohlenstoff freigesetzt wird, der seit Jahrhunderten in der Tiefsee gespeichert war. Die Folgen für das globale Klima sind derzeit noch nicht absehbar. Die Auswirkungen wären jedoch dramatisch, schreiben die an der Studie beteiligten Forschenden.

Folgen für das Weltklima nicht absehbar

Schon 2023 warnte der Wissenschaftler Qian Li vom Massachusetts Institute of Technology (MIT): «Die Schwächung der südlichen Umwälzpumpe würde die marine Zirkulation von Wärme, Frischwasser, Sauerstoff, Kohlenstoff und Nährstoffen tiefgreifend verändern. Die Folgen davon wären im gesamten globalen Ozean noch über Jahrhunderte hinweg zu spüren.»

Die aktuelle NOC-Studie verweist auf alarmierende Effekte – auch für die nördliche Halbkugel. Die Umwälzströme im Südozeans spielen eine wesentliche Rolle bei der Regulierung der Wärme und des Kohlenstoffs des Planeten. Ihre Störung könnte auch Folgen für die Nordatlantische Umwälzströmung haben – und somit für das Klima in Europa und anderen Regionen.

Transparenzhinweis: In einer früheren Version dieses Artikels war von einer Umkehr der SMOC die Rede. Die Information basierte auf missverständlichen Passagen in der zugrundeliegenden Pressemitteilung. Der Artikel wurde am 7. Juli angepasst.


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